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Tritt zurück. Joseph Blatter, Fifa-Präsident.

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Update

Fifa in der Krise: US-Medien: FBI ermittelt gegen Sepp Blatter

Joseph Blatter hat überraschend seinen Rücktritt als Fifa-Chef angekündigt. Wie jetzt bekannt wurde, könnte diese Entscheidung einen ganz konkreten Hintergrund haben - amerikanische Medien berichten über Ermittlungen der US-Bundespolizei gegen ihn.

Die US-Bundespolizei ermittelt offenbar gegen Fifa-Präsident Joseph Blatter. Das meldete der US-Sender ABC am Dienstagabend und berief sich auf mit dem Fall vertraute Personen. Die Ermittlungen sollen laut ABC im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen weitere Fifa-Funktionäre in der vergangenen Woche stehen. Blatter hatte zuvor bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Zürich seinen Rücktritt angekündigt - von Ermittlungen gegen ihn selbst war da noch keine Rede.

Auch die "New York Times" legt den Schluss nahe, dass Blatter nur auf juristischen Druck - und eventuell sogar in einer Kurzschlussreaktion agiert haben könnte. Das FBI soll auch gegen ihn ermittelt haben. Das berichtete am Dienstag die „New York Times“ unter Berufung auf Ermittler. Die Zeitung hatte in der Vorwoche die Verhaftungen von führenden Fußball-Funktionären als erste publik gemacht und den Anstoß zur neuen Eskalationsstufe der massiven Fifa-Glaubwürdigkeitskrise kurz vor Blatters dennoch geglückter Wiederwahl am Freitag gegeben.

Sogar aus dem Blatter-Umfeld kommen Andeutungen. Die amerikanische Nachrichtenagentur AP zitierte dessen langjährigen Freund, Walter Gagg: „Ich hatte ein sehr gutes Treffen mit ihm heute früh. Dann kamen die anderen Informationen aus den USA mit diesem und jenem.“ Ein weiteres Indiz für unangenehme Nachrichten aus Amerika für Blatter.

Erst vor vier Tagen hatte er sich als Fifa-Chef wiederwählen lassen. „Die Wahlen sind vorbei, aber die Verwicklungen der FIFA haben kein Ende genommen in dem Skandal“, sagte Blatter, der den Posten 1998 übernommen hatte. Er wolle nur das Beste für die Fifa und den Fußball tun, heißt es in einem von der Fifa verbreiteten Statement Blatters zur Begründung. Er habe zwar ein offizielles Mandat der Fifa, aber nicht mehr den Rückhalt von Fans, Spielern und Klubs.

Joseph Blatter bleibt noch mehrere Monate im Amt

Ein neuer Präsident soll nun bei einem außerordentlichen Kongress zwischen Dezember und März gewählt werden. Bis dahin will Blatter sein Amt weiter ausüben. Der Chef der Fifa-Compliance-Kommission, Domenico Scala, soll zusammen mit Blatter weitere angekündigte Reformen bis zum Kongress anstoßen. In seinem Statement fordert Blatter tiefgreifende Reformen und einen grundlegenden Strukturwandel der Fifa. Diese sollen unter anderem die Göße des Exekutivkomitees und die Kontrollen von dessen Mitgliedern betreffen.

In der vergangenen Woche hatten Ermittler in einem Zürcher Hotel mehrere Fifa-Funktionäre festgenommen. In den Ermittlungen, die unter anderem von der US-Bundespolizei FBI geführt werden, geht es um den Verdacht, dass bei der Vergabe von Weltmeisterschaften Schmiergeld geflossen sein könnte. Der Druck auf Blatter war nach Aussagen eines Insiders gestiegen. Dieser hatte erklärt, auch Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke stehe im Visier der US-Fahnder. Valcke solle im Verdacht stehen, für dubiose Millionenzahlungen verantwortlich zu sein. Das Geld soll 2008 an den vergangene Woche festgenommenen Fifa-Funktionär Jack Warner geflossen sein. Die schweizerische Bundesanwaltschaft erklärte, Blatter sei kein Beschuldigter. Sein Rücktritt habe keinen Einfluss auf das Strafverfahren. Das FBI und das US-Justizministerium waren zunächst nicht für Stellungnahme erreichbar.

Wolfgang Niersbach nennt Blatters Entscheidung "überfällig"

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach begrüßte Blatters Rücktrittsankündigung. „Das ist die Entscheidung, die absolut richtig ist, die überfällig ist“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. „Es ist eigentlich eine Tragik, warum er es sich selber und uns allen das nicht erspart hat, dass er das früher gemacht hätte.“ Mit dem Rücktritt seien aber nicht „alle Probleme gelöst“.

UEFA-Präsident Michel Platini sagte in einer ersten Stellungnahme: „Es war eine schwierige Entscheidung, eine mutige Entscheidung, und die richtige Entscheidung.“ Platini hatte schon vor der Wiederwahl des Schweizers beim Fifa-Kongress am vergangenen Freitag versucht, Blatter zum Rückzug zu bewegen.

Brasiliens Fußball-Legende Pelé hat nach dem Blatter-Rücktritt zum Kampf gegen Korruption im Weltverband aufgerufen. Was die Fifa brauche, seien „ehrliche Menschen“, sagte Pelé der BBC am Dienstagabend in Havanna. Erst am Sonntag hatte der dreifache Weltmeister die Wiederwahl Blatters noch als „perfekt“ bezeichnet. An der Fifa-Spitze brauche es Menschen mit Erfahrung, hatte Pelé damals bei seiner Ankunft in der kubanischen Haupstadt gesagt. Der 74-Jährige begleitete in Havanna seinen früheren US-Verein New York Cosmos bei einem historischen Spiel gegen Kubas Nationalelf nach der US-kubanischen diplomatischen Annäherung. Cosmos schlug am Dienstagabend die Kubaner 4:1 beim Freundschaftspiel.
(TSP/dpa/rtr)

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