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Brüder im Geiste. Der afrikanische Verbandspräsident Issa Hayatou (r.) verschaffte Fifa-Chef Joseph Blatter stets Afrikas Wahlstimmen. Nun ersetzt er den Schweizer.

© AFP

Fifa: Interims-Chef Issa Hayatou: Der neue Joseph Blatter

Issa Hayatou tritt am Mittwoch sein Amt als Interims-Chef beim Weltfußballverband Fifa an – doch auch der Kameruner gilt als korrupt.

Einen Moment diskutieren Joseph Blatter und Issa Hayatou auf Französisch. Dann lässt der Fifa-Präsident seinem Vize den Vortritt. Der hochgewachsene Hayatou wuchtet sich hüftsteif ans Mikrofonpult, sein schläfriger Gesichtsausdruck weicht einem Lächeln: „Liebe Delegierte, vor Ihnen steht der gewählte Präsident der Fifa, bitte einen warmen Applaus!“ Dann tritt der Kameruner zur Seite, in den Hintergrund, wo er sich wohler fühlt, und überlässt seinem Buddy Blatter die Bühne, der im Mai 2015 seinen erneuten Wahlsieg feiert.

Keine fünf Monate später muss Hayatou nun doch ins Rampenlicht treten. Blatter ist für 90 Tage suspendiert worden, der Weltverband ernannte daraufhin seinen Vizepräsidenten zum Interims-Chef. Am heutigen Mittwoch trifft Hayatou nun in Zürich ein und übernimmt die Amtsgeschäfte. Und die Fußballwelt fragt sich, was das für ein Mann ist, der in der größten Krise der Fifa-Geschichte die Geschicke übernimmt. Taugt er gar als Hoffnungsträger, um den Weltverband nach vielen Skandalen endlich zu säubern?

Eher nicht. „Er ist natürlich hoch korrupt, ein Produkt des Systems Fußball“, sagt ein Fifa-Kenner. „Das Einzige, was ihm anzurechnen ist, ist, dass er das Amt nur interimsmäßig übernehmen will.“ Direkt nach seiner Ernennung erklärte Hayatou in einer Fifa-Mitteilung, er bleibe maximal bis zur Präsidentenwahl am 26. Februar. „Ich werde kein Kandidat sein für diese Position“, stellte er gleich klar.

Das hängt wohl auch mit dem Nierenleiden des 69-Jährigen zusammen. Hayatou reist nicht ohne Dialysegerät, das ihm bis vor zwei Jahren angeblich noch die Fifa bezahlte. Mit seiner Entourage braucht er für Reisen in die Schweiz drei Tage. Auch am Mittwoch trifft Hayatou verspätet im Zürich ein, weil ihn noch Amtsgeschäfte als Chef des afrikanischen Verbandes CAF aufgehalten haben. Ob er nun Blatters Büro übernimmt oder ein neues erhält, will die Fifa nicht verraten, aber Hayatou sei fit genug für sein Amt. Bei Sitzungen wirkt es jedoch immer wieder so, als könne er sich nicht lange konzentrieren und nicke schnell ein.

Hayatou rückt nur auf, weil der der dienstälteste Vizepräsident ist

Seinen Wohnsitz dürfte er kaum in die Schweiz verlagern, sondern pendeln zwischen seinem Wohnsitz in Kameruns Hauptstadt Yaoundé, dem CAF-Sitz in Kairo und Zürich. Im Fifa-Hauptquartier, das Hayatou bisher nur zu Sitzungen besuchte, sei der neue Chef laut dem Fifa-Kenner daher „ein Fremdkörper“, der Französisch, aber kein Deutsch spreche und unfähig sei, im Tagesgeschäft 400 Mitarbeiter zu führen. Hayatou rückt nur auf, weil er der dienstälteste Vizepräsident ist. „Er ist nur Dekoration, um der Fifa einen Präsidenten zu geben“, sagt der Experte, „immerhin kann er in 90 Tagen nicht viel kaputt machen.“ Im Alltag führt Markus Kattner den Betrieb. Der Deutsche ist für den freigestellten Jerome Valcke vom Finanzchef zum Generalsekretär aufgerückt. Kattner hat als Geschäftsführer nun mehr Verantwortung. Blatter griff als Präsident ständig ins Tagesgeschäft ein, Hayatou wird sich eher zurückhalten. Auch wenn er in seinem Statement erklärte, Reformen voranzutreiben und mit den Ermittlern zu kooperieren. Am Dienstag kommender Woche leitet Hayatou die Notfallsitzung des Exekutivkomitees, das die Präsidentenwahl vom Februar in den Mai 2016 verschieben könnte.

So viel Aufmerksamkeit ist neu für Hayatou, der seit 1988 ungestört den afrikanischen Verband führt und seit 25 Jahren in der Fifa-Exekutive sitzt. 2002 kandidierte er noch erfolglos als Präsident gegen Blatter. Aber nachdem der Schweizer Hayatou danach nicht als CAF-Chef absägen konnte, gingen sie eine Vernunfts-Symbiose ein. Blatter lotste Fifa-Geld und das WM-Turnier 2010 nach Afrika. Hayatou sicherte ihm im Gegenzug stets die 54 Wahlstimmen Afrikas zu, das größte Kontingent aller Kontinente. Und hielt auch mal selbst die Hand auf. Im ISL-Skandal nahm Hayatou nachweislich Schmiergeld an, erhielt aber dafür 2011 nur eine Rüge vom IOC. Und angeblich soll er 1,5 Millionen US-Dollar dafür erhalten haben, dass er für die WM 2022 in Katar stimmte.

Nach seiner Fifa-Interimspräsidentschaft wird sich Hayatou wohl wieder auf sein Amt in Afrika konzentrieren. Zuletzt ließ der 69-Jährige dort schon einmal Mitbewerber sperren und schaffte die Altersgrenze von 70 Jahren ab. Blatter hätte es nicht besser gekonnt.

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