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Joseph 'Sepp' Blatter, bei seiner Pressekonferenz am Montag.

© dpa

Fifa ohne Sepp Blatter: Der Kampf gegen Korruption beginnt erst jetzt

Acht Jahre ist Joseph Blatter gesperrt. Die Reformen stehen noch bevor: Die Fifa muss ihre Form der Demokratie überdenken und Geld anders verteilen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Die Fifa ohne Joseph Blatter – da hätte man sich bis vor Kurzem eher die katholische Kirche ohne Papst vorstellen können. Hatte Blatter den Internationalen Fußball-Verband nicht 1904 persönlich gegründet und sollte er ihn nicht nach dem Entdecken außerirdischen Lebens in den Fußball-Weltall-Verband umwandeln? Doch jetzt ist er für acht Jahre für alle Aktivitäten im Fußball gesperrt worden, erst mit 87 könnte er sich noch einmal als Präsident bewerben. Nicht einmal mehr über eine Fifa-Mailadresse verfügt er.

Auf einmal wirkt es nur noch tragisch, wenn Blatter mit Pflaster unter dem Auge wie ein geschlagener Boxer sagt: „Ich komme zurück!“ Am Montag ist tatsächlich eine endlos scheinende Ära zu Ende gegangen, von seinen juristischen Einspruchsmöglichkeiten darf sich Blatter jedenfalls nicht viel versprechen. Es ist eine Zäsur im Weltsport. Und interessant daran ist nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Spielverlauf. Denn Blatter hat sich selbst besiegt, vielleicht konnte es auch nur so zu Ende gehen.

Er hat sein eigenes Machtspiel verloren. Die Ethikkommission, die er selbst eingerichtet hatte, um dem Weltverband eine freundlichere Farbe überzupinseln, beendet nun sein Wirken bei der Fifa. Ein beliebtes Machtmittel wurde ihm zum Verhängnis, eine Geldzahlung an einen anderen Funktionär, deren genaue Bedeutung beide nicht glaubwürdig erklären konnten.

Der Empfänger, Michel Platini, Präsident des europäischen Verbandes Uefa, fliegt gemeinsam mit Blatter vom Platz. Er war mal Blatters Ziehsohn, bis der ihn doch als Nachfolger verhindern wollte. Mit Platini wäre es im Weltfußball auf keinen Fall besser geworden, auch er ist in Blatters System groß geworden, das auf Abhängigkeiten und Kontrolle beruht: Ich weiß was über dich, deshalb vergisst du das, was du über mich weißt. Lass es uns einfach gemeinsam gut gehen!

König weg, Kronprinz weg

König weg, Kronprinz weg, wird nun vielleicht nicht alles gut, aber manches ein bisschen besser? Die Funktionäre haben es bislang schamlos ausgenutzt, dass ihre Raffgier dem Spiel nichts anhaben konnte. Es geht kein Fan weniger ins Olympiastadion zu Hertha BSC oder in den Volkspark zum Hamburger SV, weil bei der Fifa Korruption herrscht. Es stimmen aber Bürger gegen eine Olympiabewerbung, weil sie den internationalen Sportverbänden misstrauen.

Wer auch immer im Februar zum nächsten Fifa-Präsidenten gewählt wird – es dürfte eher ein Unbekannter sein. Dafür kann er sich als Retter der Fifa einen Namen machen. Er muss die Amtszeiten für Funktionäre begrenzen. Und die hauptamtliche Ebene stärken. In der Fifa-Zentrale in Zürich sitzen wirklich kompetente, engagierte und seriöse Mitarbeiter. Aber wie zu hören ist, findet die Fifa keine erstklassigen Bewerber mehr. Wer will schon ständig für seinen Arbeitgeber ausgelacht werden?

Auch über ein anderes Vergabesystem für die Weltmeisterschaften muss der nächste Präsident nachdenken, sei es im rotierenden Wechsel, sei es nach einem Punktesystem. Selbst die WM im Elfmeterschießen zu vergeben, wäre transparenter als das derzeitige Procedere.

Das Grundübel der Fifa hat jedoch, so kurios es klingt, mit Demokratie zu tun. Jedes Land hat eine Stimme. Eine Südseeinsel hat also genauso viel Gewicht wie der Deutsche Fußball-Bund mit knapp sieben Millionen Mitgliedern. Die Fifa schüttet an die Verbände Millionen aus, damit sie den Fußball in ihren Ländern fördern. Überwachen kann sie aber nicht, ob das Geld tatsächlich in Fußballplätze investiert wird oder in den Taschen der Verbandsvertreter landet. So halten sich Fifa-Funktionäre die Mitgliedsverbände gewogen und gefügig. Demokratie und Korruption gehen Hand in Hand. Dieses System zu durchbrechen und das Geld anders zu verteilen, das wäre die große Lösung.

Es wird auf jeden Fall noch Jahre dauern, um die Glaubwürdigkeit der Fifa wiederherzustellen. Bis dahin wird man sich noch einige Blatter-Witze erzählen.

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