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Bessere Zeiten: Michel Platini und Sepp Blatter bei einer Pressekonferenz 1998.

© AFP

Michel Platini kandidiert als neuer Fifa-Präsident: Der nächste Sepp Blatter?

Die Fifa und ihre Präsidenten: Kandidat Michel Platini war lange ein Freund von Joseph Blatter. Nach Erneuerung sieht das nicht aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das ist endlich mal ein anderes weltbewegendes, ja weltumspannendes Thema. Und gottlob hat es nichts mit Krieg, Vertreibung, Flucht oder mit Verarmung, Destabilisierung, „Grexit“ zu tun. Wohl aber mit Macht, viel Macht, und Geld, viel Geld. Kurz: Es geht um die Fifa.

Jetzt hat also Michel Platini seine Kandidatur als Fifa-Präsident und Nachfolger von Joseph Blatter angekündigt. Pathetisch im Ton war die Ankündigung – was uns andererseits sagt: Klingen die Argumente womöglich schwach, sollst du die Stimme heben. Und Platinis Ton ist in der Tat ziemlich angehoben, fast abgehoben.

Uefa fürchtet Einfluss bei der Fifa

Sehr persönlich nennt der Sendungsbewusste seine Entscheidung, aber sie ist nicht zuletzt sehr verbandspolitisch. Denn die europäischen Verbände, für die der Franzose Platini steht, fürchteten zuletzt, im Weltverband der lukrativsten Nebensache der Welt ins Hintertreffen zu geraten. Das darf allerdings nicht sein, auf keinen Fall, wo doch in Europa nach eigener Einschätzung – und abzulesen an weltweiten Werbeeinnahmen – die tollsten Ligen zuhause sind.

Der Ex-Regisseur der französischen Nationalmannschaft und von Juventus Turin, inzwischen 60 und Chef der Uefa, des Europa-Verbandes, ist der große Favorit. Platini hat offenkundig schon die Unterstützung der wichtigsten Verbände, Zusagen der Konföderationen Europa, Asien, Südamerika, Nord- und Zentralamerika. Seine Kandidatur hat er vorher also ausreichend intern absichert.

Konkurrenten gibt es: der frühere Fifa-Vizepräsident Chung Mong Joon aus Südkorea, der liberische Verbandspräsident Musa Bility, Brasiliens Fußball-Legende Zico. Eine wirkliche Konkurrenz für den versierten Platini sind die nicht. Bis 26. Oktober müssen sie sich erklären, am 26. Februar nächsten Jahres ist die Wahl. In Zürich, wo die Weltzentrale sitzt.

Und, hat der Verband eine Wahl? Richtig ist: Seit einem halben Jahrhundert ist die Fifa nur von zwei Männern geführt worden, von João Havelange und Joseph Blatter – das war eindeutig zu wenig und zu lang. Wie man an der gegenwärtigen Krise mit Verhaftungen und Korruptionsvorwürfen gegen Funktionäre ablesen kann. Da müssen Neuerungen her.

Michel Platini hat keine Vita eines Erneuerers

Unglücklich nur, dass in Platini einer antritt, der auch (maßgeblicher) Teil dieses herrschenden Systems ist. Dass er lange ein Freund von Blatter war. Dass er seit 13 (!) Jahren Mitglied im Exekutivkomitee ist. So liest sich keine Vita eines Erneuerers. Hinzu kommt Platinis Engagement für die WM 2022 in Katar. Sein Sohn hat dort einen ansehnlichen Posten. Ein Schelm, der sich irgendetwas, und sei es Böses, dabei denkt? Nein, etliche denken, dass Platini auch nur ein anderer Blatter ist, und fürchten insgeheim um die Glaubwürdigkeit der Fifa bei dieser Nachfolge. Und sagen wir so: Der „Tsunami“ durch die Ermittlungen von amerikanischen Behörden ist noch nicht vorüber.

Da wirkt die Rolle des Deutschen Fußball-Bundes nicht eben rühmlich. Die jovialen Bilder von Präsident Wolfgang Niersbach mit Blatter… Sein Aufrücken ins Exekutivkomitee unter Blatter… Seine Unterstützung für Platini jetzt… Kurz: Niersbach kann Platini-Nachfolger in der Uefa werden. So geht Funktionärskarriere. Aber vielleicht kommt der DFB auf die Idee, sich zu erneuern. Die Fifa steht ja auf einem anderen Blatt.

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