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Steigt bald die nächste Feier? Michel Platini (re.) und Wolfgang Niersbach haben nach dem WM-Sieg der Deutschen 2014 schon mal den Schulterschuss geübt.

© dpa/Gilliar

Fifa-Präsidentschaft: Michel Platini, der große Erneuerer? Fraglich!

Michel Platini kandidiert als Fifa-Präsident – das könnte eine schwierige Aufgabe werden und sich auch direkt auf den Deutschen Fußball-Bund auswirken.

Von Johannes Nedo

Sogar einen Wahlslogan hat er schon. „Michel Platini – ein Leben im Fußball“, steht in der Mitteilung auf der Internetseite des europäischen Fußball-Verbands Uefa. Das Foto dazu könnte perfekt auf Wahlplakate gedruckt werden. Mit sanftem Blick und aufgeknöpftem Hemd schaut der Franzose dem Fußballvolk in die Augen, ganz milde. Platini wählt große, bedeutungsschwere Worte. „Es gibt Zeitpunkte im Leben, an denen man sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen muss“, wird er zitiert.

Platini will es jetzt wissen. In der auf Hochglanz getrimmten Uefa-Meldung hat der 60-Jährige am Mittwoch bekannt gegeben, dass er um den Posten des Fifa-Präsidenten kandidiert. Platini will beim Weltverband Joseph Blatters Nachfolger werden, wenn am 26. Februar 2016 in Zürich bei einem außerordentlichen Kongress der neue Fifa-Chef gewählt wird. Und für seinen angestrebten Posten hat sich Platini, der seit 2007 Uefa-Präsident ist, nur die höchsten Ziele gesetzt. Er wolle „der Fifa die Würde und die Position zurückgeben, die sie verdient“, teilte er mit.

Der Weltverband steckt in der größten Krise seiner Geschichte, nachdem Ende Mai in Zürich sieben Fifa-Funktionäre wegen des Verdachts auf Korruption und Geldwäsche verhaftet wurden. US-amerikanische und Schweizer Behörden ermitteln gegen zahlreiche ranghohe Fifa-Vertreter und in Zusammenhang mit möglichen Bestechungen bei den Vergaben der WM 2018 nach Russland und der WM 2022 nach Katar. Unter dem Druck der jüngsten Skandale hatte Blatter Anfang Juni seinen Rückzug angekündigt.

Michel Platini ist eng mit Katar verbandelt

Als einzig wahren neuen Präsidenten stellt sich nun Platini dar. Über seine Kandidatur hatte er zuerst alle 209 Mitgliedsverbände in einem Brief informiert. Darin gibt er sich bereits überaus präsidial. „Ich bin an einem Scheideweg angelangt, in meinem Leben und auch bei der Entwicklung der Zukunft der Fifa“, schreibt er da. Und Platini betont mit großem Pathos: „Dies war eine sehr persönliche Entscheidung, bei der ich die Zukunft des Fußballs und meine eigene Zukunft abgewogen habe.“

Doch ob Platini nun der große Erneuerer ist, bleibt fraglich. Der ehemalige Fußballer ist eng mit Katar verbandelt, er hat für die WM 2022 in dem arabischen Staat gestimmt, sein Sohn arbeitet dort für ein Unternehmen. Zudem bezweifeln auch einige hohe Uefa-Vertreter, dass der Posten bei der Fifa für ihn der richtige ist. Dem Tagesspiegel berichteten mehrere Personen, die Platini nahestehen, Blatters Nachfolge bringe für ihn mehr Gefahren als Vorteile. In der Fifa sei politisches Kalkül wichtiger, bei der Uefa gehe es mehr um Fußball. Und das liege ihm deutlich besser, sagen Vertraute. Doch Platini sei von vielen zu diesem Schritt gedrängt worden, und er lasse sich blenden. „Er möchte in seinem Metier der König der Welt werden“, sagt ein Uefa-Insider.

Wolfgang Niersbach stellt sich hinter den Franzosen

Platini ist nun der klare Favorit. Er genießt den Rückhalt aus Europa, Südamerika, Nord- und Mittelamerika, aus Ozeanien und offenbar auch aus Asien. Mit diesen Stimmen wäre ihm ein Sieg nicht mehr zu nehmen. Nur deshalb tritt er auch an. Der Europameister von 1984 will sich sicher sein, dass er gewinnt. Bei der letzten Wahl im Mai wagte er es nicht, den mächtigen Blatter herauszufordern.

Als einer der Ersten stellte sich nun erneut der Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), Wolfgang Niersbach, hinter den Franzosen. „Platini besitzt unsere volle Unterstützung“, betonte er. Wohl wissend, dass er jetzt selbst seinem „Freund Michel“, wie Niersbach ihn stets nennt, folgen könnte. Mitglieder des Uefa-Exekutivkomitees sagten dem Tagesspiegel, Niersbach hätte die besten Chancen, bei einem Sieg Platinis dessen Amt als Uefa-Präsident zu übernehmen. Als möglicher zweiter Kandidat neben dem DFB-Chef gilt derzeit nur der niederländische Verbandspräsident Michael van Praag.

Niersbach hielt sich zu diesem Thema bedeckt. Der 64-Jährige verwies auf das nächste Uefa-Treffen im September auf Malta. „Bis dahin bringt es nichts, sich an irgendwelchen personellen Spekulationen zu beteiligen“, sagte er. Aus DFB-Kreisen war zu hören, Niersbach wolle sich alle Optionen so lange wie möglich offen halten. Doch gehen einige beim Verband in Frankfurt davon aus, dass er mit dem Uefa-Posten liebäugele. Sollte Niersbach Platini nachfolgen, bräuchte auch der DFB einen neuen Chef. Dafür werden derzeit Reinhard Rauball, Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL), und der DFB-Vizepräsident Rainer Koch gehandelt. Platinis Kandidatur könnte also ein großes Stühlerücken in Gang setzen. Mit vielen neuen Wahlslogans.

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