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Finanzkrise in der Formel 1: Whitmarsh: „Wir müssen handeln, bevor es knallt“

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über die schwierigen Zeiten in der Formel 1. "Es sind nur vier Teams in einer sicheren Position", sagt der Engländer.

Herr Whitmarsh, der frühere Fia-Präsident Max Mosley hat kürzlich vor dem „Ende der Formel 1“ gewarnt. Die Mehrheit der Formel-1-Teams hat hohe Schulden, zuletzt standen Sauber und Lotus deswegen in den Schlagzeilen. Wie kommt die Formel 1 aus dieser Krise wieder raus?

Also bei uns ist das nicht so. McLaren befindet sich in einer starken finanziellen Situation, aber generell sage ich schon lange immer wieder, dass die Teams meiner Meinung nach nicht ihr Bestes gegeben haben, um Geld zu sparen.

Wem geht es denn Ihrer Meinung nach noch gut?

McLaren ist abgesichert, vor allem, wenn wir auf unsere zukünftige Partnerschaft mit Honda ab 2015 schauen. Somit könnte ich jetzt selbstsüchtig agieren und nur an mein Team denken. Aber wir müssen zusammenarbeiten, denn das sieht nicht bei allen so aus. Red Bull ist in guter Verfassung, so lange Herr Mateschitz Lust hat auf die Formel 1. Ferrari ist in einer sicheren Position, Mercedes auch, so lange der Vorstand hinter dem Projekt steht. Aber das sind nur vier Teams, und für die anderen sieht es, offen gestanden, extrem schwierig aus.

Das Problem ist aber doch nicht neu. Die gleichen Klagen hört man von den kleineren Teams seit Jahren.

Richtig, aber trotzdem wurde nicht genug getan. Damals, in der ersten Krise, als Toyota, Honda und BMW ausgestiegen sind, haben wir uns zusammengesetzt und versucht, ein paar Dinge zu erreichen. Aber die Leute vergessen sehr schnell, und jetzt ist die Situation wieder sehr besorgniserregend. Im Interesse des Sports müssen wir mehr sparen. Ich glaube zwar, dass es im Bereich der Sponsoren-Budgets eine gewisse Erholung gibt, was gut ist. Aber trotzdem bleibt es für die kleineren Teams sehr schwierig.

War dann die Budget-Obergrenze, die Mosley vor Jahren schon vorgeschlagen hat, also keine so schlechte Idee?

Das kommt darauf an, was man darunter versteht. Eine reine Kostenobergrenze in Form einer bestimmten Zahl bringt meiner Meinung nach viele Probleme. Erstens ist das kaum zu überprüfen, weil die verschiedenen Teams verschiedene Möglichkeiten zu kreativer Buchführung haben. Und je mehr die Teams in große, multinationale Unternehmen eingebunden sind, desto schwieriger wird es. Ich glaube, man müsste eher mit der Durchsetzung von Einzelbeschränkungen arbeiten, zum Beispiel bei der teuren Entwicklung der Aerodynamik.

Und die Geldverteilung in der Formel 1, wo die Großen immer erheblich mehr profitieren als die Kleinen – müsste man da nicht auch mal ran?

Klar würde eine gleichmäßigere Verteilung da helfen. McLaren hat da einen sehr guten Deal, für die kleinen Teams sieht es nicht so gut aus. Aber ganz ehrlich, jetzt ist das für sieben Jahre unterschrieben, jetzt wird da auch keines der großen Teams mehr einen Rückzieher machen. Die anderen können zwar meckern, aber im Endeffekt wird das zu nichts führen. Es wäre klüger, zusammen einen nachhaltigen Businessplan zu erarbeiten. Und zwar rechtzeitig, bevor die große Krise kommt, bevor es richtig knallt und Teams wegbrechen. Ich hoffe, dass uns das gelingt.

Rein finanziell mag es Ihrem Team gutgehen – sportlich dafür in dieser Saison aber weniger. Wie kann es sein, dass ein Team mit all dieser Erfahrung und diesen Ressourcen in diese Situation kommt?

Schlimm ist es vor allem deshalb, weil wir vor sieben oder acht Monaten noch das schnellste Auto hatten. Die einfache Erklärung ist: Wir sind ein zu hohes Risiko eingegangen, wir waren zu mutig und dabei haben wir zu viel verloren. Wir haben zu viele verschiedene Konzepte eingeführt, in diesem Prozess haben wir sechs Monate verloren. Wir waren in einer grauenhaften Verfassung am Anfang des Jahres und haben uns davon ein bisschen erholt, aber wir sind nicht stark genug zurückgekommen. Und wir haben den Punkt erreicht, an dem wir alle Ressourcen in die Entwicklung für das nächstjährige Auto stecken müssen.

Das Gespräch führte Karin Sturm.

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