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Oliver Kreuzer.

© dpa

Fink-Entlassung: HSV sucht ein Weg aus dem Chaos

Nach der Entlassung von Trainer Fink will der HSV dem Chaos der vergangenen Jahren entkommen. Sportchef Oliver Kreuzer steht jetzt vor der nächsten Prüfung.

Es wirkte am Ende so, als bettele Thorsten Fink um seine Entlassung. Dass er am Tag nach der 2:6-Niederlage bei Borussia Dortmund zur Familie nach München flog, sorgte beim Hamburger SV für ein Höchstmaß an Verwunderung. Auf der Rückreise konnte sich Fink schon überlegen, was er seinen Spielern zum Abschied sagen würde. Am Montagabend rief ihn Sportchef Oliver Kreuzer an und informierte Fink darüber, dass er von seinen Aufgaben als Trainer des HSV entbunden sei. Am Dienstag um zehn Uhr verabschiedete Fink sich von seinen Profis und beendete die Zusammenarbeit mit dem Klub, bei dem in den vergangenen beiden Jahren endgültig das Chaos Einzug gehalten hat.

Am Dienstag begründete Kreuzer die Entlassung: „Wir haben einen Fehlstart hingelegt, in den Spielen nicht überzeugt, keine Konstanz gezeigt. Wir haben keine klare Linie erkennen können. Es war ein Wirrwarr zu sehen. Thorsten hatte nicht mehr die Power, den Umschwung zu schaffen.“ Vorerst werden die Ex-Profis Rodolfo Cardoso und Otto Addo das Training leiten.

Das Fass zum Überlaufen brachte Finks wunderliche Taktik im Dortmund-Spiel: Er versuchte es unvermittelt mit einer Dreierkette. Die Zweifel an Finks taktischen Fähigkeiten wuchsen. Fink behauptete, er habe das Spielsystem lange proben lassen. Insider hatten diese taktische Ausrichtung erst in den letzten Einheiten vor dem Spiel erstmalig gesehen. Das 2:6 war die siebte Niederlage mit vier oder mehr Toren Unterschied in den 64 Ligaspielen unter Fink. Da der HSV durch die Niederlage wieder bis auf Platz 15 gefallen war, reagierten Kreuzer und Klubchef Carl Edgar Jarchow nun wenige Tage vor dem Nordderby gegen Werder Bremen am Samstag.

Der 45 Jahre alte Fink hatte die Hamburger im Oktober 2011 auf Rang 18 übernommen. Unter ihm erreichten die Hamburger relativ rasch das rettende Ufer. Nach einem Fehlstart vor einem Jahr halfen die teuren Transfers um Rafael van der Vaart dem HSV aus dem Keller und auf Rang sieben der Abschlusstabelle. In dieser Saison sollte mit Fink die Europa League angesteuert werden.

Der HSV ist einer der kompliziertesten Vereine der Liga; das Leben als Cheftrainer hier ist gewiss nicht einfach, von überall her wird Einfluss genommen. „Ich hatte noch keinen einzigen Monat, in dem ich in Ruhe arbeiten konnte“, sagte Fink einmal. Das stimmt. Doch unterm Strich bleibt er der Coach mit dem schlechtesten Punkteschnitt der vergangenen Jahre (1,28 Punkte). Seine Handschrift war nie zu erkennen, oft wurde man das Gefühl nicht los, dass sich sein Coaching auf rudernde Armbewegungen beschränkte. Während der Vorbereitung hatte Fink ein 4-2-3-1 zum System der Zukunft erklärt. Doch ließ er nur einmal spielen in fünf Bundesliga-Partien.

Allein in Dortmund ordnete er seine Elf in drei verschiedenen Grundformationen an. Der Hamburger SV hat die mit Abstand meisten Gegentreffer der Liga hinnehmen müssen. Die Mannschaft suchte nach Orientierung. Fink aber probierte und probierte und fand keine Lösung.

Anfangs wirkte er noch wie ein Macher mit klaren Linien. Er schien das millionenschwere Team um das Auslaufmodell Rafael van der Vaart, den Einzelgänger René Adler und den überschätzten Heiko Westermann im Griff zu haben. Doch sein Konfliktmanagement im Fall des wegen einer Trainingsprügelei suspendierten Slobodan Rajkovic oder zuletzt bei der Wiedereingliederung aussortierter Spieler war verheerend: heute so, morgen so.

So kam es, dass ausgerechnet der, den Fink unbedingt wollte – Sportchef Kreuzer –, von Finks Wankelmut profitierte und sich auf seine Kosten als Hardliner profilieren konnte. Jetzt kommt Kreuzers nächste Prüfung. „Mit Nachdruck“ soll der nächste Coach her. Seinen früheren Bayern-Mitspieler Markus Babbel soll er ebenso kontaktiert haben wie Franco Foda, einst Kollege bei Sturm Graz.

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