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Betis Sevilla

© dpa

FLANKE aus Spanien: Aggression als Klubkultur

Julia Macher über den Flaschenwurf und das Gewaltproblem bei Betis Sevilla.

In der 68. Minute des Ligaspiels Betis Sevilla gegen Athletic Bilbao, es stand 1:2, erhob sich Carmelo R. von seinem Platz. Er kletterte ein paar Ränge tiefer und schleuderte eine gefüllte Wasserflasche auf Bilbaos Torwart Armando. Schmerzgekrümmt sank der zu Boden, heftig aus einer Platzwunde unter dem rechten Auge blutend; der Schiedsrichter brach das Match ab, und hinterm Nordtor hielten empörte und wütende Zuschauer den Angreifer fest, bis die Polizei kam.

Es ist nicht das erste Mal, dass Betis Sevilla, der Klub von David Odonkor, in die Schlagzeilen gerät. Im Februar 2007, beim Pokalderby gegen FC Sevilla, knockte den damaligen FC-Coach Juande Ramos eine Wasserflasche aus, im März 2002 feuerte ein Betis-Fan dreizehn Raketen auf Anhänger des Lokalrivalen ab. Der andalusische Klub hat ein Gewaltproblem: Ärger machen nicht etwa ein paar Hooligans; in der aufgeladenen Stimmung im Stadion kann jeder Täter sein. Die latente Aggressivität ist das Ergebnis einer Klubkultur, in der Provokation zum guten Ton gehört. Sie ist Teil des Gründungsmythos des Real Betis Balompié, den empörte FC-Sevilla-Spieler ins Leben riefen, nachdem ihr Klub keine Arbeiter in seinen Reihen dulden wollte. Dort die feinen Señoritos, hier der Proletarierverein – man könnte das unter klassenkämpferischer Fußballfolklore abbuchen, wenn die Chefs der Klubs die Rivalität nicht so auf die Spitze getrieben hätten. Die Flasche gegen Juande Ramos war eine Folge des Kleinkrieges mit Beleidigungen und Schubsereien, den Sevillas Präsident José María del Nido und Betis-Mehrheitseigner Manuel Ruiz de Lopera davor miteinander ausfochten. Auch der Vorfall vom Samstag hat indirekt mit dem andalusischen Dauerduell zu tun: Athletics Coach Joaquín Caparrós war zwischen 2000 und 2005 Trainer des FC Sevilla und dort nicht gerade für diplomatische Zurückhaltung bekannt.

Ob der Vorfall von Samstag für ein Umdenken sorgt, ist fraglich: Der Klub hat den Flaschenwurf zwar aufs Schärfste verurteilt, ihn zugleich aber auch als unkontrollierbare Tat eines Einzelnen bezeichnet. Welche Sanktion den Verein trifft und ob und wo die ausstehenden 20 Spielminuten nachgeholt werden, entscheidet der spanische Verband heute.

An dieser Stelle schreiben unsere Korrespondenten dienstags über Fußball in England, Spanien und Italien.

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