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Flanke aus Spanien: Die deutschen Pepes

Julia Macher über die Fehlstarts von Bernd Schuster und Timo Hildebrand

Der spanische Fußball hat eine neue Krankheit: Pepismus. Dabei kann Pepe, der brasilianische Verteidiger, der für 30 Millionen Euro vom FC Porto zu Real Madrid wechselte, nun wirklich nichts dafür, dass sein Name zum geflügelten Wort geworden ist. Im konkreten Fall bedeutet Pepismus: Vereine geben irrsinnige Summen für etwas aus, dessen Nutzen niemand abschätzen kann. Im übertragenen Sinn steht die Wortschöpfung für alle nie einlösbaren Versprechen, die Klubchefs machen, für alle Intrigen in den Chefetagen – für alles also, was den spanischen Fußball so unterhaltsam und so kompliziert macht. Derzeit ist Bernd Schuster auf dem besten Weg, am spanischen Pepismus zu scheitern. Der Mann, der mit viel Vorschuss bekränzt die Königlichen zu Ruhm und Ehre führen sollte, hat sich am Sonntag beim Supercupfinale mit einer 3:5-Heimniederlage gegen den FC Sevilla blamiert. Statt „heiliger Bernardo“ oder „blonder Engel“ nennen die spanischen Zeitungen ihn nun schlicht „den Teutonen“. Weil das so gut zum Rumpelfußball passt, den der Klub abliefert.

Ein glamouröses Team mit Weltklassespielern wie Kaká hatte Vereinspräsident Ramón Calderón den Fans versprochen; Schuster wurde als sein Gewährsmann für „Fußball mit Showwert“ präsentiert. Doch vier Tage vor Ligabeginn ist davon nichts zu sehen. Weltklassespieler wie Kaká haben Real Madrid abgesagt, auch Michael Ballack reizt ein Wechsel in die spanische Hauptstadt nicht. Dem Verein fehlen deshalb Mittelfeldspieler von Rang. „Wir erarbeiten uns zu wenig Torchancen“, gibt Schuster zu. An frühere Verheißungen will er nicht erinnert werden: „Spektakulären oder exzellenten Fußball habe ich nie versprochen.“

Timo Hildebrand wiederum leidet beim FC Valencia unter einem anderen Aspekt des Pepismus: den drehbuchreifen Intrigen in den Chefetagen der Klubs. Wie erwartet wurde Deutschlands Nummer zwei im Tor von Stammtorwart Santiago Cañizares auf die Ersatzbank verdrängt. Schließlich steht die Verpflichtung des Ex-Stuttgarters für den jahrelangen Machtkampf zwischen dem inzwischen gefeuerten Sportdirektor Antonio Carboni und Trainer Quique Flores. Carboni hatte Hildebrand im vergangenen Jahr gegen den erklärten Willen Flores’ verpflichtet; als Revanche ließ Flores darauf den Vertrag von Cañizares um zwei Jahre verlängern. Hildebrand ins Tor zu stellen hieße nach pepistischer Logik, Carboni zu rehabilitieren, was mit Flores’ Ego unvereinbar wäre. Vielleicht sollten deutsche Profis vor dem Wechsel nach Spanien einige Nachhilfestunden in psychologischer Kriegsführung nehmen.

An dieser Stelle schreiben unsere Korrespondenten dienstags über Fußball in England, Spanien und Italien.

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