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Guerrero

© dpa

Flaschenwurf: Der fatale Volltreffer des Paolo Guerrero

UPDATE Auch wenn die Kollegen Verständnis zeigen für Paolo Guerreros Ausraster nach dem Spiel gegen Hannover: Der Verein verhängt für den Flaschenwurf auf einen Zuschauer eine hohe Geldstrafe. Guerrero entschuldigt sich öffentlich.

Es prasselt jetzt einiges ein auf Paolo Guerrero, daran hat seine kleinlaute Entschuldigung in der Rolle des reuigen Sünders nach dem Flaschenwurf vom Ostersonntag nichts ändern können. Wie der DFB-Kontrollausschuss am Dienstag mitteilte, wird wegen der „Tätlichkeit gegen einen Zuschauer“ ein Ermittlungsverfahren gegen den Stürmer des Hamburger SV eingeleitet. Am Ende der Ermittlungen, wahrscheinlich schon am Mittwoch oder Donnerstag, dürfte eine Sperre stehen – womöglich eine lange, um Wiederholungstäter abzuschrecken. Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen Guerrero; es bestünde der Anfangsverdacht einer gefährlichen Körperverletzung, sagte Staatsanwalt Bernd Maruschat am Dienstag. Der von der Trinkflasche getroffene Fan hat Guerrero bislang nicht angezeigt, sich aber einen Anwalt genommen.

Von Sanktionen neben der Geldstrafe in vereinsinterner „Rekordhöhe“ zwischen 50.000 und 100.000 Euro (zu zahlen an eine soziale Einrichtung) hat der HSV bislang abgesehen und auf Guerreros gutes Führungszeugnis in seinen vier Jahren in Hamburg verwiesen. Guerrero soll beim HSV eine zweite Chance bekommen, sagte Vorstand Bernd Hoffmann am Montag, doch in Wahrheit sind die Gründe viel pragmatischer: Der HSV hat auch deswegen auf eine interne Sperre verzichtet, weil er Guerrero am Donnerstag im Viertelfinalrückspiel der Europa League bei Standard Lüttich braucht.

Die Kurzschluss-Handlung Guerreros hat ihre Vorgeschichte. Die Saison begann wie gemalt für den 26 Jahre alten Peruaner. Er schoss vier Tore in den ersten vier Spielen, man sah den besten Guerrero seiner Laufbahn, dribbelstark, giftig, torgefährlich. Der Poker um die Vertragsverlängerung begann. Vier Millionen Euro Gehalt verlangte er nun, um den in diesem Sommer auslaufenden Kontrakt zu verlängern. 2,5 Millionen Euro soll er derzeit verdienen. Hoffmann wollte auf dieser Basis nicht verhandeln, und Guerrero verzog sich in den Schmollwinkel, spielte aber weiter gut.

Aussetzer mit Vorgeschichte

Dann riss er sich im September 2009 das Kreuzband im linken Knie. Sieben Monate pausierte er. Einen großen Teil davon verbrachte er zuhause in Lima, denn seine Flugangst verhinderte, dass er die angesetzte Rehabilitation bei seinem Arbeitgeber in Hamburg beginnen konnte. Der HSV schickte einen Fitnesstrainer nach Peru, um Guerrero zu hegen und zu pflegen. Am 11. März dann traute er sich endlich doch in die Maschine und kehrte nach Hamburg zurück, wo man inzwischen den Weltstar Ruud van Nistelrooy als Helden feierte.

Für die Fans stand fest, dass Guerrero nur Urlaub gemacht hatte in der Heimat. Doch in einem Sturm mit dem immer noch nicht austrainierten van Nistelrooy, dem nach seinem Bänderriss im Knöchel stets mit Schmerzen spielenden Mladen Petric und dem nicht wettbewerbsfähigen Marcus Berg brauchte der HSV den genesenen Peruaner. Und Guerrero braucht den HSV, er braucht Spiele, um bei anderen Klubs für sich zu werben. In Hamburg dürfte er nämlich keine Zukunft haben.

Am Sonntag dann musste er sich bei seiner Einwechslung nach der Pause Pfiffe gefallen lassen. Sie galten allerdings weniger ihm, sondern der Tatsache, dass van Nistelrooy zur Halbzeit aus dem Spiel genommen worden war. Paolo Guerrero war in seinem zweiten Einsatz nach der Verletzung noch der beste Hamburger in einem ganz schwachen Spiel, und hätte er in der 82. Minute anders reagiert und ins Hannoveraner Tor getroffen, hätte es anstelle von Provokation, Flaschenwurf, Geldstrafe und möglicher Sperre doch nur Applaus gegeben – Guerrero aber wollte den Ball in dieser Szene annehmen, statt ihn direkt ins Tor zu schießen. Der Sündenbock war für einen Teil des Publikums auf der Haupttribüne gefunden. „Ich war geladen, wegen meiner vergebenen Chance, wegen der Pfiffe, wegen des schlechten Spiels unserer Mannschaft“, sagt Guerrero. Dann flog seine Flasche ins Gesicht des Zuschauers. Und Paolo Guerrero wurde ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

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