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Sport: Floyd Landis in der Ecke

Der amerikanische Radprofi ist am Ende seiner Anhörung angeschlagen

New York - So hatte sich der Radsportler Floyd Landis das alles wohl nicht vorgestellt. Als Opfer eines korrupten und inkompetenten Systems wollte sich der vorbehaltliche Sieger der Tour de France von 2006 bei seiner Anhörung vor der American Arbitration Association, die gestern Nacht (MEZ) zu Ende ging, darstellen und die Juroren mit einer undurchdringlichen Masse schwer verständlicher wissenschaftlicher Daten davon überzeugen, dass das französische Labor in Chatenay Malabry gepfuscht habe. Doch aus einem drögen Hin und Her sachverständiger Gutachten und Gegengutachten wurde in der zweiten Prozesshälfte ein saftiger Skandalprozess mit Erpressungen und Geschichten über sexuellen Missbrauch.

Verlierer dieser Prozesswendung war eindeutig Landis. Just zu dem Zeitpunkt, zu dem das Anhörungsgremium über Landis’ Charakter zu befinden hatte, trat der vierfache Tour-Sieger Greg LeMond auf und enthüllte, mit welchen Methoden das Landis-Umfeld zu arbeiten gewohnt ist. Landis’ Trainer Will Geoghegan hatte LeMond vor dessen Auftritt als Zeugen angerufen und ihm gedroht, private Details über LeMonds Vergangenheit zu enthüllen, sollte der frühere Tour-Champion gegen Landis aussagen. LeMond hatte Landis einmal vertraulich erzählt, dass er als Kind sexuell misshandelt worden war. Als LeMond so sprach, schloss Landis vor den laufenden Kameras die Augen wie einer, der gerade einen bösen Tiefschlag erlitten hat. Landis wusste, was diese Aussage zu bedeuten hat. Wenn seine Entourage zu derartigen Methoden fähig ist, so die Botschaft, dann ist sie sicher auch in der Lage, bei einem Sportwettkampf zu betrügen. Der Eindruck ließ sich auch nicht mehr dadurch verwischen, dass Landis’ Verteidiger auf der Stelle Geoghegan feuerten. Geoghegans eilige Behauptung, der Anruf sei aus eigener Initiative und unter Alkoholeinfluss geschehen, war wenig glaubhaft.

Dass LeMond zum Stolperstein für Landis wurde, verschafft ihm Genugtuung. Seit Jahren schon ist er in den Vereinigten Staaten der Einzige, der immer wieder an der Legitimität von Lance Armstrongs Leistungen zweifelt. Armstrong konnte ihn selbst mit teuren Klagen nicht mundtot machen. Aber er schaffte es, ihn als Miesepeter darzustellen, der nur nicht verkraften könne, dass Armstrong ihm die Show gestohlen habe. Sollte Floyd Landis nun gesperrt werden, dürfte sich diese öffentliche Wahrnehmung LeMonds in den USA ändern. Das Urteil der jetzigen Anhörung wird vermutlich erst in mehreren Wochen verkündet.

Sebastian Moll

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