zum Hauptinhalt

Sport: Folge 2: Schäfers Muskel startet Lothars Karriere

So long, Mr. Matthäus - Folge 2: Der offene Frankenschädel Anfang kommenden Jahres, derzeitiger Stand 8.

So long, Mr. Matthäus - Folge 2: Der offene Frankenschädel Anfang kommenden Jahres, derzeitiger Stand 8. März, verlässt Lothar Matthäus das Land. Nach 20 Jahren Wirkens auf Deutschlands Fußballfeldern ist alle Häme vergossen. Wir wollen noch einmal auf das Gesamtwerk des Mannes zurückkommen, der es vom fränkischen Raumausstatter zum Krösus fußballerischen Schaffens gebracht hat: in Herzogenaurach, Mönchengladbach, Bayern, Italien und, wenn der Fußball-Gott denn will, demnächst auch in den USA. Eine Erinnerung in noch nicht absehbar vielen Folgen.

Im Fußball ist es wie im richtigen Leben. Es sind die kleinen Dinge, die oft eine ungeahnte Wirkung erzielen. Zum Beispiel die Ohrfeige, die 1958 ein C-Jugendlicher des TSV 1860 München seinem Gegenspieler verabreichte. Dieser hieß Franz Beckenbauer und wollte nach der Watschen nicht mehr wie geplant zum TSV 1860 München wechseln, sondern zum FC Bayern München. Was diesem Verein bekanntlich gut bekam. Mit dem Muskelfaserriss von Winfried Schäfer aus dem Jahr 1979 verhält es sich genauso. Auch dieser Fußnote der Fußballgeschichte kommt im Rückblick eine große Bedeutung bei: Sie startete die Karriere von Lothar Matthäus.

Und das ging so: In der Sommerpause 1979 war der 18-jährige Jugendnationalspieler Lothar Matthäus von seinem fränkischen Heimatverein FC Herzogenaurach zum Bundesligisten Borussia Mönchengladbach gewechselt. Schon beim ersten Training beeindruckte er seinen Mannschaftskollegen Winfried Schäfer. "Ich wunderte mich, was das für ein toller Kerl ist", sagt der heutige Trainer des Zweitligisten Tennis Borussia, "so eine Unbekümmertheit". Die Fachzeitschrift "Kicker" mahnte allerdings vor Beginn der Saison 1979/80 für den jugendlichen Matthäus noch "Zeit zur Reife" an. Tatsächlich fand Trainer Jupp Heynckes für den gelernten Raumausstatter in den ersten sechs Bundesligaspielen keine Verwendung. Doch dann kam der 22. September 1979, ein Auswärtsspiel beim 1. FC Kaiserslautern.

"Ich hatte mir eine Muskelverletzung zugezogen", berichtet Schäfer, "Lothar hat dann auf meiner Position gespielt." Heynckes betraute seinen jungen Bundesliga-Debütanten mit einer Sonderaufgabe im defensiven Mittelfeld. Matthäus sollte den Kaiserslauterner Spielmacher Hannes Bongartz ausschalten. Dieser erinnert sich ungern an seine ersten Begegnungen mit dem späteren Rekordnationalspieler: "Er war einer der unangenehmsten Gegenspieler in der Bundesliga, ständig stand er einem auf den Füßen." Schon damals habe Lothar Matthäus einen ungeheuren Ehrgeiz gehabt.

An jenem 22. September 1979 gewann Kaiserslautern 4:2, die Tore für die Gäste erzielten Lienen und Nickel, und Matthäus taucht mit einer Gelben Karte in der Statistik auf. Die "Rheinische Post" titelte über die Niederlage: "Punkte und Kulik verloren." Neben dem umstrittenen Platzverweis für den Spielmacher notierte die Lokalzeitung: "Ein Gewinn für Gladbachs Mannschaft war Debütant Matthäus, dem es gelang, den Spielmacher Bongartz zu neutralisieren." Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete: "Einen nahm er (Jupp Heynckes, Anm. d. Red.) von seiner Kritik aus: Lothar Mathäus (18), Jugendnationalspieler aus Herzogenaurach, hatte bei seiner Bundesliga-Premiere äußerst diszipliniert gespielt und sogar das Duell gegen den gewieften Hannes Bongartz knapp für sich entschieden." Dass sich dieser Matthäus mit zwei t schreibt, sollte auch die "Süddeutsche Zeitung" bald lernen.

Denn nach diesem bemerkenswerten Debüt nahm Jupp Heynckes seinen jungen Mittelfeldspieler in allen folgenden Spielen nicht mehr aus der Mannschaft. "Als ich wieder fit war, haben wir gemeinsam gespielt", erinnert sich Schäfer, "ich hatte die Nummer sieben und Lothar die acht." Allerdings machte sich der frühe Matthäus noch nicht als Spielmacher, sondern als Kämpfer und Sonderbewacher unentbehrlich. "Die Führungspersönlichkeiten hießen Hannes oder Lienen", berichtet Schäfer, doch Matthäus sei damals mit allen Mitspielern gut ausgekommen. "Er war schon immer ein offener Frankenschädel."Nächsten Dienstag: Der Tritt von Neapel

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false