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In den Boden gestampft. Die Saints-Profis Scott Fujita und Anthony Hargrove vergreifen sich an Minnesotas Brett Favre.

© Reuters

Football-Skandal: Die Knochenjäger von New Orleans

Mit Bonuszahlungen wurden die Footballspieler der New Orleans Saints angestachelt, ihre Gegner zu verletzen. Jetzt ist das vermeintliche Erfolgsrezept öffentlich bekannt geworden.

Berlin - Wenn es einer geahnt hat, dann er. Und so lässt Brett Favre dieser Tage kaum eine Gelegenheit aus, Fans und Fachwelt des American Football über seinen frühzeitigen Verdacht zu informieren. Im Januar 2010 spielte Favre im Trikot der Minnesota Vikings um den Einzug in den Super Bowl. Gegner waren die New Orleans Saints, deren Verteidiger Darren Sharper zählt bis heute zu Favres engeren Freunden. Immer wieder ging die Saints-Abwehr überhart auf den gegnerischen Quarterback Favre los, auch Sharper machte vor grenzwertigen Attacken keinen Halt. „Was tust du da, Sharp?“, fuhr Favre seinen Kumpel an. Als Sharper ihm keine Antwort gab, sei ihm klar gewesen, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehe.

Wie sich nun herausstellte, hatte Favre recht. Eine Untersuchung der National Football League (NFL) ergab, dass hinter den Angriffen der Saints ein selbst organisiertes Modell steckte. Im Zuge des „Bounty-System“ erhielten die Verteidiger aus New Orleans Geld für Aktionen, die zu Verletzungen, Beeinträchtigungen oder dem Ausscheiden von Gegenspielern führten. Das Geld stammte aus einem Topf, in den die Spieler zuvor eingezahlt hatten. Keine hohen Summen, bei den „Belohnungen“ soll es sich um Beträge im niedrigen vierstelligen Dollarbereich gehandelt haben. Für die meisten Footballprofis mit ihren millionenschweren Verträgen höchstens ein lausiges Taschengeld.

Trotzdem ist die Empörung in den USA groß. Das ganze Land freute sich vor zwei Jahren mit New Orleans, als die Saints den Super Bowl gewannen. Nach der Katastrophe, verursacht durch Hurrikan Katrina, standen sie für die Wiederauferstehung der Stadt. Die Saints, so empfanden viele Amerikaner, waren so etwas wie die fleischgewordene Gerechtigkeit. Und nun das. Schuld an Imageverlust und dem Bounty-System ist Gregg Williams, der damalige Defensive-Coordinator. Auf seine Initiative hin soll das „Kopfgeld“ ausgesetzt worden sein. In den vergangenen Tagen hatten sich immer wieder ehemalige Spieler, die in diversen Klubs unter Williams aktiv waren, gemeldet und von ähnlichen Praktiken berichtet.

Williams ist inzwischen zu den Rams nach St. Louis gewechselt, um eine Strafe wird er aber kaum herumkommen. Das Gleiche gilt für New Orleans. Der so beliebte Cheftrainer Sean Payton soll genau wie Klubbesitzer Tom Benson über Williams’ Machenschaften informiert gewesen sein, beide haben sich bereits öffentlich entschuldigt. Wahrscheinlich wird die NFL New Orleans mit dem Verlust von Draft-Picks, also der Auswahl von Nachwuchsspielern und einer Geldstrafe belegen. Trotzdem ist die Geschichte für die Liga ein mittelschweres Imagedesaster.

Immer wieder produzierten Vereine und Spieler in den zurückliegenden Jahren Negativschlagzeilen zwischen den Spielzeiten. Schießereien, Drogenmissbrauch, Streik – all das warf zuletzt ein negatives Licht auf die Lieblingssportart der Amerikaner.

Wenn schon nicht außerhalb, dann soll es doch wenigstens auf dem Feld sauber und fair zugehen. Aus diesem Grund versucht man seitens der Liga gerade, der vorsätzlichen Attacken Herr zu werden. Aktionen, die zu Verletzungen des Gegners führen, werden genauer untersucht und gegebenenfalls bestraft. Bei überhartem Einsteigen gegen den gegnerischen Quarterback sind die Schiedsrichter angehalten, auf dem Feld empfindliche Strafen zu verhängen.

Nicht wenige vermuten aber, dass bewusst überharte Aktionen in der NFL keine Seltenheit sind. Josh Freeman, Quarterback der Tampa Bay Buccaneers, sagte unter der Woche: „Unsere Trainer haben uns gewarnt, wir sollen gerade an der Seitenlinie auf unsere Knie aufpassen.“ Freeman trifft mit Tampa Bay jedes Jahr mindestens zwei Mal auf New Orleans, angesprochen auf das Bonus-System der Saints sagte er der „Tampa Bay Times“: „Das überrascht mich nicht.“

Auch Brett Favre ist nicht überrascht. Das Spiel gegen New Orleans ist ihm noch immer in bester Erinnerung. Die vielen Attacken, mal gegen den Kopf oder die Brust, dann gegen Arme und Beine. Je länger das Spiel dauerte, desto schwerer fiel es Favre, auf den Beinen zu bleiben. Malträtiert humpelte er am Ende als Verlierer vom Feld. Favre, die Quarterback-Legende, hatte genug. Er trat anschließend zurück.

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