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Formel 1: Der Weltmeister fährt hinterher

Auch beim Training in Melbourne ist McLaren-Mercedes der Formel-1-Konkurrenz unterlegen.

Brad Kelly ist hauptberuflich „National Manager Corporate Sales“ bei Mercedes-Benz in Australien. Nebenbei ist er Feuerwehrmann – und war bei den verheerenden Waldbränden Anfang Februar in der Umgebung von Melbourne im Einsatz. Zusammen mit neun anderen Kollegen hat ihn McLaren-Mercedes jetzt zum Grand Prix eingeladen, er konnte Lewis Hamilton und Heikki Kovalainen persönlich kennenlernen und wurde um den Kurs chauffiert. Kelly hat Sympathie für seinen australischen Landsmann Mark Webber, sein Wunschsieger für das Rennen am Sonntag ist Webber aber keinesfalls: „Ich hoffe, dass er Dritter wird – hinter den beiden McLaren-Mercedes-Fahrern.“

Die Wahrscheinlichkeit, dass Kelly am Sonntag dieses Ergebnis bekommt, ist allerdings nicht besonders groß. Denn am ersten Trainingstag in Melbourne bestätigte sich, dass das Weltmeisterteam des vergangenen Jahres im Moment tatsächlich bei Weitem noch nicht da ist, wo man eigentlich sein wollte. Nichts mit Bluff also – wie zuletzt sogar Formel-1-Chef Bernie Ecclestone immer noch vermutet hatte. McLarens Teamchef Martin Whitmarsh hat eine Erklärung für die Schwierigkeiten. „2007 und 2008 waren nun einmal außergewöhnlich anspruchsvolle Jahre für uns. Wir haben unser Auto bis zum letzten Rennen 2008 weiterentwickelt und das hat viele Ressourcen verbraucht“, sagt Whitmarsh. „Ich bereue es nicht – zumindest jetzt noch nicht. Vielleicht denke ich Sonntagabend ja anders.“

Doch auch „die abenteuerliche Regel- auslegung einiger Teams“, machen seine Arbeit nicht leichter, sagt Whitmarsh. Noch am Donnerstag – vor der vorläufigen Entscheidung über den Protest in Sachen Diffusor – forderte der McLaren- Teamchef eine Regelklarstellung, „damit wir in diesem Bereich aufholen können“. Die Teams Brawn GP, Toyota und Williams dürfen in Melbourne mit ihrer Version des als Diffusor bekannten aerodynamischen Teils am hinteren Ende des Unterbodens an den Start gehen, das ihnen eine bessere Bodenhaftung verschafft. Das Trio hat andere Lösungen gefunden als die übrigen Teams und ist damit wohl um bis zu 0,5 Sekunden pro Runde schneller.

Aber auch das Teil, das am Freitag an den McLarens zu sehen war, wirkte aus der Nähe so, als würde sich da unter einer dünnen Abdeckplatte noch etwas anderes verbergen. Es wäre also keine Überraschung, sollten Hamilton und Kovalainen schon im Qualifying am Samstag mit einer Lösung auftauchen, die der von Brawn, Toyota und Williams durchaus nahekommt – und die auch noch einmal einen deutlichen Schritt nach vorne bedeutet.

Schließlich betont ja auch Weltmeister Lewis Hamilton immer wieder, dass er seiner Mannschaft zutraue, so schnell und kompetent zu reagieren wie kein anderes Team: „Bei uns arbeiten eine Menge hochintelligenter Menschen, die nun gesehen haben, wo das Problem vergraben ist.“ Natürlich sei es frustrierend, als amtierender Weltmeister unter derart erschwerten Bedingungen in die neue Saison zu starten, aber am Freitag hörte sich Hamilton trotz Platz 18 im zweiten freien Training gar nicht mehr so negativ an: „Mein Tag war gar nicht so schlecht. Natürlich sind wir nicht so schnell, wie wir gerne wären, aber wir haben hart gearbeitet“, sagte Hamilton. „Da waren ein paar nützliche Schritte dabei. Ich weiß natürlich nicht, was die anderen treiben, aber mit unserer Arbeit bin ich heute glücklich.“

Tatsache ist: McLaren-Mercedes legte am Freitag nur Wert auf die Rennvorbereitung, das Team versuchte gar nicht erst, eine schnelle Runde mit weniger Benzin an Bord zu fahren. Mercedes- Sportchef Norbert Haug wollte allerdings in den vorsichtigen Optimismus noch nicht so richtig mit einstimmen und war alles andere als zufrieden. „Ich denke aber auch nicht, dass das heutige Kräfteverhältnis mit Platz 17 und 18 repräsentativ ist“, sagte Haug. „Aber wir haben nach den Barcelona-Tests gesagt, dass wir noch eine Menge Arbeit vor uns haben. Ich sage nicht, dass ich uns im letzten Drittel des Feldes sehe, um irgendwelche Storys zu erzählen – sondern ich sage das, was Sache ist.“

Keine gute Nachricht für Mercedes- Fan Brad Kelly.

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