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Wie Vater und Sohn. Niki Lauda (rechts) holte Lewis Hamilton zu Mercedes und pflegt seither eine äußerst innige Beziehung zum Briten.

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Formel 1 - Lewis Hamilton vs. Nico Rosberg: Duell um die WM: Niki Lauda spaltet Mercedes

Das Duell um die Fahrer-Weltmeisterschaft in der Formel 1 zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton teilt das Mercedes-Team in zwei Lager. Aufsichtsratschef Niki Lauda bezieht dabei klar Stellung.

„Dringenden Gesprächsbedarf“, den sahen praktisch alle Beteiligten bei Mercedes nach dem Formel-1-Rennen in Ungarn. Einerseits die beiden Fahrer Lewis Hamilton und Nico Rosberg, vor allem aber auch die Teamführung um Teamchef Toto Wolff und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Niki Lauda. Auslöser der Diskussionsrunde war Hamilton. Der Brite hatte sich dreimal der Aufforderung des Teams widersetzt, den Teamkollegen Rosberg vorbeizulassen, der mit einer anderen Strategie unterwegs war. So hielt der drittplatzierte Hamilton seinen Rivalen hinter sich und kam in der WM-Wertung bis auf elf Punkte an den führenden Deutschen heran. Nach dem Ärger in Monaco, als Hamilton Rosberg einen absichtlichen Verbremser in der Qualifikation vorgeworfen hatte, haben die Spannungen bei den Silbernen einen neuen Höhepunkt erreicht.

Die Vorfälle in Ungarn haben gezeigt, dass den Verantwortlichen bei Mercedes der WM-Zweikampf zu entgleiten droht. Mehr noch: Das Duell um den Titel zwischen Rosberg und Hamilton hat das Potenzial, den Rennstall zu spalten. Immer offensichtlicher wird jedenfalls, dass Niki Lauda sich stets sehr schnell hinter seinen Schützling Hamilton stellt, den er einst zu Mercedes gebracht hat. Mit seinen offenen Worten fällt Lauda dabei seinem eigenen Team und dessen sonstigen Entscheidungsträgern oft in den Rücken und untergräbt deren Autorität. So wischte Lauda auch Gerüchte um einen Wechsel von Sebastian Vettel zu Mercedes als Hamilton-Nachfolger 2016 als völlig unsinnig vom Tisch. Toto Wolff dagegen will sich in dieser Angelegenheit – offenbar auch mit Zustimmung der Mercedes-Konzernspitze – alle Optionen offenhalten. Der Teamchef bemüht sich generell, neutral zu agieren.

Niki Lauda über Lewis Hamilton: "Er hat alles richtig gemacht."

Doch auch direkt nach dem Rennen in Ungarn brüskierte ihn sein österreichischer Landsmann. Lauda stellte sich vor die Fernsehkameras und verteidigte Hamiltons Blockade: „Lewis hat alles richtig gemacht.“ Die Anordnung der Box bezeichnete er als „unnötige Panikreaktion“. Das dürfte Wolff gar nicht gefallen haben. Schließlich entsprach die Anweisung an Hamilton den zu Saisonbeginn festgelegten internen Regeln. Grundsätzlich soll es keine Stallorder im direkten Duell geben, aber das Teaminteresse hat vorzugehen. Wird durch einen direkten Kampf möglicherweise ein insgesamt besseres Teamergebnis oder sogar ein Sieg verschenkt, kann es Anweisungen geben.

Und genauso schätzte Teammanager Paddy Lowe die Lage ein, als er Hamilton aufforderte, Rosberg Platz zu machen. Dass dann der Eindruck entstand, Rosberg sei trotz weicherer Reifen vielleicht doch gar nicht so viel schneller, war für Toto Wolff der Grund, „warum wir nicht noch härter eingegriffen haben. Paddy hätte ja noch wesentlich deutlicher werden können. Aber die Situation war dann nicht mehr so ganz klar.“ Eines von Hamiltons Argumenten lautete dann auch: „Ich hätte, um Nico vorbeizulassen, absichtlich langsamer fahren müssen und dadurch in meinem Duell mit Fernando Alonso Zeit und Boden verloren.“

Mercedes denkt nun über einen Strategiewechsel nach

Obwohl am Ende der Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo von der Fehde bei Mercedes profitierte und das Rennen gewann, sinnierte Toto Wolff danach öffentlich über einen Strategiewechsel in seinem Haus. Angesichts der Überlegenheit seiner Autos und der fast schon sicheren Konstrukteurs-WM müsse man „im Titelkampf zwischen Lewis und Nico noch einmal neu nachdenken“. Künftig könnte es dann nur noch eine Regel geben: „ Vielleicht müssen wir wirklich sagen, okay, wir opfern notfalls auch das optimale Teamergebnis. Offener Kampf in jeder Sekunde, mit dem einzigen Limit, sich nicht gegenseitig von der Strecke zu schießen.“

Nun ist in der Formel 1 erst einmal Sommerpause. Doch schon beim nächsten Rennen in einem Monat könnte dieser Fall eintreffen. Ob dann in Belgien noch von Rosberg, dem oft besseren Tüftler, verlangt werden kann, seine technischen Daten für Hamilton offenzulegen, das muss die Teamführung klären. Genauso wie die Frage, ob gemeinsame technische Besprechungen dann überhaupt noch durchführbar sind. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen bei McLaren zwischen Ayrton Senna und Alain Prost 1989 ging das jedenfalls nicht mehr – da konnte sich Teamchef Ron Dennis noch so ins Zeug legen. Und bei Mercedes wird das Problem durch die zwei Teamchefs mit verschiedenen Ansichten eher größer als kleiner.

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