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Ferrari

© dpa

Formel 1: Massas Zustand stabil

20 Stunden nach der Operation geben die Ärzte für Felipe Massa Entwarnung. Der Formel-1-Pilot wir wohl keine bleibenden Schäden davontragen. Die Diskussion um die Sicherheit der Piloten ist indes voll entbrannt.

Bernie Ecclestone blickte noch ein wenig desillusionierter als sonst durch seine kleine Brille. "Das ist nicht schön", sagte der Formel-1-Herrscher. "Ich hatte gehofft, wir hätten das überwunden und ich müsste so etwas nie wieder sehen." Tief in der Nacht hatte sich Ecclestone in das AEK-Militärkrankenhaus von Budapest chauffieren lassen, um sich eine Viertelstunde lang am Krankenbett ein Bild vom Zustand einer seiner Attraktionen zu machen. Der Ferrari-Pilot Felipe Massa lag da im künstlichen Koma, nachdem er nach einem schockierenden Unfall zwei Stunden lang am Kopf operiert worden war. Nach seinem Besuch war Ecclestone zumindest ein wenig erleichtert: "Die Ärzte sind sehr glücklich mit seinem Zustand."

Felipe Massas Unfall hatte nicht nur Bernie Ecclestone tief getroffen. Seine komplette Familie inklusive seiner schwangeren Frau Raffaella war aus Brasilien eingeflogen, nachdem der 28-Jährige im Qualifikationstraining zum Großen Preis von Ungarn am Samstag seinen ganz persönlichen Alptraum auf der Straße erlebt hatte. Bei einer Geschwindigkeit von weit über 200 km/h war er zunächst von einer Stahlfeder am Helm getroffen worden, die sein vor ihm fahrender Landsmann Rubens Barrichello an der linken Hinterradaufhängung seines Brawn-Mercedes verloren hatte. Dabei hatte Massa unglaubliches Glück, dass das Teil tatsächlich den Rand des Helms traf und nicht wenige Millimeter darunter ins Visier einschlug. So konnte er instinktiv noch auf die Bremse steigen und schlug nur mit 150 km/h frontal in die Streckenbegrenzung ein. Mit einer schweren Gehirnerschütterung und einer blutenden Schnittwunde über dem Auge wurde er aus dem Wrack geborgen und ins Krankenhaus transportiert. Dort wurde Massa dann in ein künstliches Koma versetzt, nachdem ihm ein daumennagelgroßer Knochensplitter aus der Augenhöhle entfernt worden war.

Arzt: "Alle Anzeichen sind positiv"

Danach jedoch ging das Drama erst richtig los. Nach mehreren Medienberichten, die sich auf Aussagen des Krankenhauses stürzten, machte die Kunde die Runde, Massas Zustand sei entgegen ersten Annahmen "lebensbedrohlich". Sein Team Ferrari dementierte dies aufs Schärfste. "Nach der Operation ist Felipe Massas Zustand stabil", hieß es in einer Mitteilung. "Es gab keine weiteren Komplikationen in der Nacht." Am Sonntagmorgen sei Massa sogar kurz aus seinem Koma erwacht, bevor man ihn wieder ruhig gestellt habe. Auch Massas persönlicher Arzt Dino Altmann gab nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt leichte Entwarnung. "Alle Anzeichen sind positiv", sagte Altmann. Es gebe für Kopfverletzungen dieser Art eine Bewertungsskala von 3 bis 15, wobei 15 der beste Wert sei. "Massa liegt bei 14, das ist ein sehr gutes Zeichen." Altmann ging von einer Regenerationszeit von zwei bis sechs Wochen aus, je nachdem wie gut der Patient auf die Medikamente anspreche.

Neben den Spekulationen über seine Verfassung löste Massa noch weitere Diskussionen aus. Zum Beispiel die über die generelle Sicherheit von Formel-Fahrzeugen. Der Brasilianer war der zweite Pilot innerhalb einer Woche, der von einem Gegenstand am Kopf getroffen worden war - der Formel-2-Fahrer Henry Surtees, Sohn des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters John Surtees, hatte den Einschlag eines umherspringenden Rades auf seinem Helm nicht überlebt. Die Fahrergewerkschaft GPDA beschäftigte sich daher noch am Samstagabend mit der Problematik. Während der Rest des Körpers recht gut durch das Kohlefaser-Chassis geschützt sei, sei "der Kopf der Punkt, an dem wir noch am meisten in Gefahr sind", sagte Williams-Pilot Nico Rosberg. Die Visiere seien zwar so gebaut, dass die mit einem Gewehr beschossen werden könnten. "Da geht nichts durch, vor Steinen sind wir da recht sicher." Bei großen, schweren Teilen wie der Stahlfeder in Massas Fall sehe das jedoch anders aus. "Das ist ein großes Problem und wir müssen schauen, ob wir da etwas in allen Serien machen können, um den noch besser zu schützen", sagte Rosberg. Aber das sei sicher sehr schwierig, "ich weiß nicht, ob das möglich ist". Sein Teamkollege Kazuki Nakajima war ebenfalls wenig hoffnungsfroh: "Wir machen uns Gedanken, aber viel können wir wohl nicht tun." Der Teamchef Ross Brawn brachte immerhin einen konkreten Vorschlag: "Theoretisch gibt es die Möglichkeit von Schutzscheiben."

Ebenfalls immer wieder in den Diskussionen ist eine Schutzkuppel aus Panzerglas über dem Cockpit. "Aber so einfach ist das nicht", sagte Brawn. "Eine solche Struktur könnte auf den Fahrer hereinbrechen und noch mehr Schaden anrichten." Am Ende einigten sich alle Beteiligten mehr oder weniger auf die Standardlösung und kamen zu der Einsicht, dass Motorsport eben gefährlich sei und man ein Restrisiko nie ausschließen könne.

Christian Hönicke[Budapest]

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