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Von einem anderen Stern. Mercedes und Lewis Hamilton fuhren in Melbourne der Konkurrenz davon.

© dpa

Formel 1: Mercedes dominiert, Red Bull droht mit Ausstieg

Die Überlegenheit von Mercedes beim Saisonauftakt in der Formel 1 war erdrückend. Konkurrent Red Bull denkt deshalb sogar über einen Ausstieg nach. Doch es gibt noch weitere Probleme.

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Helmut Marko musste sich nach dem ersten Formel-1-Rennen der Saison in Australien einiges an Spott gefallen lassen. Der Motorsportdirektor von Red Bull hatte sich über die Dominanz von Mercedes echauffiert und nach dem souveränen Doppelsieg von Lewis Hamilton und Nico Rosberg sogar einen Ausstieg seines Rennstalls aus der Formel 1 angedroht. Der Konter von Toto Wolff ließ nicht lange auf sich warten. „Es gibt da in Jerusalem eine Mauer, vor die du dich stellen kannst und klagen“, sagte der Mercedes-Teamchef. „Vielleicht sollten sie dahin gehen.“

Man mag Markos Worte als Gejammer eines schlechten Verlierers abtun, und vermutlich spielte auch sein Frust über Red Bulls Motorenpartner Renault dabei eine Rolle, der offenbar bei dem neuen Motor völlig daneben gegriffen hat. Doch die Kritik des Österreichers entbehrt nicht eines wahren Kerns: Die Mercedes-Dominanz hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das die Formel 1 in ihrem Kern bedroht. Die Auswirkungen waren bereits am Sonntag zu sehen: Das Auftaktrennen wollten nur 1,72 Millionen Zuschauer auf RTL sehen, fast 1,5 Millionen weniger als 2014.

Das Auftaktrennen wollten nur 1,72 Millionen Zuschauer auf RTL sehen

Nun ist die Überlegenheit eines Teams nichts Neues in der Grand-Prix-Szene. McLaren-Honda Ende der 80er Jahre, Ferrari Anfang der 2000er und auch Red Bull und Sebastian Vettel in der jüngsten Vergangenheit fuhren dem Feld zeitweise fast uneinholbar voran. Damals allerdings hatten die Verfolger zumindest die Möglichkeit, durch clevere Entwicklungsarbeit auch während der Saison aufzuschließen. Außerdem schritt bei einem zu großen Vorsprung stets der Automobil-Weltverband Fia ein. Marko verwies nicht zu Unrecht darauf, dass etwa Red Bull in den Phasen zu großer Überlegenheit immer wieder durch Regeländerungen eingebremst wurde. So wurden etwa die genialen Ideen des Chefdesigners Adrian Newey schnell wieder verboten, man denke nur an den sogenannten „angeblasenen Diffusor“. Jetzt, wo Mercedes dominanter ist, als es Red Bull oder Ferrari je waren, bleiben Schritte der Fia aus.

Mercedes ist deshalb kein Vorwurf zu machen. Der Rennstall hat dank seiner großen Erfahrungen aus der Hybrid-Forschung für die Serienentwicklung und großer finanzieller Möglichkeiten einfach Konkurrenten wie den Red-Bull-Zulieferer Renault gleich vom Start weg abgehängt. Der Hegemonie der deutschen Rennwagen liegt vielmehr ein Systemfehler zugrunde. Um die Kostenexplosion in der Formel 1 zu stoppen, wurde die Weiterentwicklung der Motoren weitgehend untersagt. Die Krux dabei: Der Mercedes-Antrieb ist allen Konkurrenten nun so überlegen (Marko spricht von rund 100 PS Differenz), dass der Vorsprung nach dem derzeitigen Reglement kaum noch aufzuholen ist. Die Schuld liegt also bei der Fia, die eine solche, nicht mal unwahrscheinliche Situation bei der Einführung der neuen Turbomotoren 2014 schlicht nicht bedacht hat.

Eine Abkehr vom Hybridkonzept ist kaum ohne Verluste durchsetzbar

Nun steckt die Formel 1 in einem Teufelskreis. Denn aus der verfahrenen Situation wieder herauszukommen, ist eine fast unlösbare Aufgabe. Wenn die Fia am Reglement festhält und die Mercedes-Dominanz nicht gebrochen werden kann, stellt sich die Frage, wie lange die anderen Großen noch mitspielen. Momentan steht Red Bull mit seinem Klagen noch allein da. Aber das muss nicht so bleiben. Bei Ferrari herrscht angesichts der Steigerung gegenüber der katastrophalen Saison 2014 derzeit noch Euphorie. Sollten die Italiener aber merken, dass man letztlich auch keine Chance hat, an Mercedes heranzukommen, könnte auch dort die Stimmung kippen. Auch der Autogigant Honda wird kaum akzeptieren, dass sein Motor im McLaren dauerhaft so chancenlos hinterherfährt wie in Australien.

Sollten die Regelmacher aber umschwenken und die Motorenentwicklung wieder freigeben, dann droht Ungemach am anderen Ende des Feldes. Die Kosten für die Teams würden wieder sprunghaft steigen – eine große Bedrohung für die kleinen Rennställe, die ohnehin ums Überleben kämpfen. Eine totale Abkehr vom neuen Hybridkonzept ist wohl ebenfalls nicht ohne Verluste durchsetzbar. Bisher hat sich die angeblich so zukunftsweisende Technologie zwar für die Formel 1 als wenig hilfreich erwiesen, auch der reduzierte Benzinverbrauch und die angebliche Relevanz für die Serienproduktion hat keine Zuschauer angelockt. Doch wenn die Formel 1 wieder zu einem simplen Verbrennungsmotor zurückkehren würde, dann wäre wohl als Erstes der Hersteller weg, der die neue Spritsparformel so vehement befürwortet hat: Mercedes.

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