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Stimmungstief, Stimmungshoch. Lewis Hamilton (li.) und Sieger Nico Rosberg.

© dpa/Xhemaj

Formel 1: Nico Rosberg macht Druck, Lewis Hamilton zeigt Wirkung

Drei der jüngsten vier Rennen gewann Nico Rosberg, in der Gesamtwertung liegt er nur noch zehn Punkte hinter Hamilton - der ist entsprechend genervt.

Lewis Hamilton war am Sonntag der Frust anzumerken. Es war offensichtlich, dass dem Weltmeister die Niederlage gegen seinen Mercedes-Teamkollegen in Österreich wehtat. Drei der vergangenen vier Rennen hat Nico Rosberg in der Formel 1 gewonnen, in der WM liegt er nur noch zehn Punkte hinter dem Führenden Hamilton. Doch die wichtigste Erkenntnis für den Deutschen, den viele im Titelkampf schon abgeschrieben hatten, war die, dass er durchaus in der Lage ist, seinen Rivalen unter Druck zu setzten. Und dass auch Hamiltons Selbstsicherheit endlich ist. In Spielberg jedenfalls zeigte Rosbergs Druck erstmals deutliche Wirkung:  Hamilton beging ungewöhnliche Fehler, in der Qualifikation rutschte er von der Strecke, den Start verlor er und später handelte er sich eine Fünf-Sekunden-Strafe ein, weil er nach dem Boxenstopp verbotenerweise die Begrenzungslinie überfuhr. Und danach gab er sich schmallippig wie selten. 

Hamilton war nach seinem zweiten Platz jedenfalls ziemlich bedient und verließ das Fahrerlager wie schon nach dem Strategiefehler seines Teams in Monaco recht früh. Solche Abgänge kennt man von Rosberg im Falle von Niederlagen nicht.  Das habe Rosberg noch von Michael Schumacher gelernt, dass man so nicht reagiere, hört man aus seinem Umfeld, „das hat er verinnerlicht, dass das auch dem Team gegenüber nicht fair ist“.  Selbst Hamiltons britische Medienfreunde waren von den deutlich sichtbaren Anzeichen des Frusts bei ihrem Landsmann ziemlich überrascht. Auf die Frage etwa, was denn da bei dem Fehler an der Boxenausfahrt passiert sei,  antwortete der Brite  ziemlich schroff: „Keine Ahnung, ich glaube nicht, dass ich wo drüber gefahren bin.“ Dabei  fuhr Hamilton verbotenerweise so deutlich über die weiße Linie, dass es zum Beleg nicht einmal eine Zeitlupe brauchte.

Seinen missratenen Start erklärte Hamilton mit nicht näher definierten Veränderungen in den Kupplungs- und Drehmomentseinstellungen,  die ihn überrascht hätten.  Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff reagierte auf diese Anschuldigungen verwundert: „Das hätte Lewis aber eigentlich wissen müssen, diese Veränderungen waren ja etwas, was wir gemeinsam entschieden haben.“  Am Ende war es wohl so, dass Hamilton einfach ein schlechteres Wochenende erwischt hatte als der Stallrivale, mit dem  er sich einen Kampf auf allerhöchstem Niveau liefert. „Das hängt von so unglaublich vielen Kleinigkeiten ab“, sagt der frühere Grand-Prix-Pilot Alexander Wurz. „Wie man ins Wochenende reinkommt, wie das Auto von Anfang an passt, wie man mit der Strecke zurecht kommt. Es gibt einfach Kurse, die liegen einem besser – oder auch überhaupt nicht.“

Schon vergangenes Jahr hatte Hamilton in Österreich große Probleme

Die Strecke in Spielberg scheint nicht unbedingt Hamiltons Lieblingsterrain zu sein,  schon im letzten Jahr hatte der Engländer hier  ein paar Probleme, auch damals hieß der Sieger dann am Ende Rosberg. Natürlich spiele bei solchen Dingen dann auch der Kopf eine Rolle, meint Wurz: „Alle Sportler sind schließlich auch nur Menschen. Und schließlich ist der Körper quasi nur ein Werkzeug des Kopfes und  dazu da, das umzusetzen, was der Kopf vorgibt.“ Der Österreicher findet es daher durchaus normal und fast sympathisch, zu sehen, „dass es selbst bei den Allerbesten der Welt, auf diesem hohen Niveau, auf dem sich dieses Duell abspielt, solche Formschwankungen gibt“.  Kleine Unterschiede sorgen dann dafür, dass der eine auf der Strecke fast chancenlos aussieht. „Ich glaube, dass der Unterschied wirklich nicht groß ist, und auch nie so groß war, wie er oft dargestellt wurde“, so Wurz. „Ich würde mich bisher absolut nicht darauf festlegen wollen, wie dieses Duell ausgeht." Auch sein Landsmann Gerhard Berger glaubt: „Der Nico ist eine ganz harte Nuss.“  Spätestens jetzt weiß Rosberg ganz genau, worauf er sich künftig konzentrieren muss, wenn er Hamilton auf der Strecke schlagen will. Immer deutlicher zeigt sich, dass im WM-Kampf  zwischen den beiden Silberpfeilpiloten  vor allem die Qualifikation und der Start eine große Rolle spielen. Überholen auf der Strecke ist bei den baugleichen Autos kaum möglich. „Ich hatte heute den besseren Rennspeed“,  meinte Rosberg zwar.  „Aber wenn ich aber nicht am Start vorbei gekommen wäre, dann habe ich so meine Zweifel, dass es dann später noch auf der Strecke gegangen wäre. Vor allem, weil man beim knappen Hinterherfahren grundsätzlich mehr Probleme bekommt.“

Darauf verlassen, dass es ihm gelingt, Hamilton dauerhaft  psychologisch unter Druck zu setzen und nervös zu machen, will er sich freilich nicht. Oder zumindest nicht darüber reden. Die Diskussionen über das psychologische Moment und darüber,  einen Lauf zu haben, die mag er nicht besonderes. „Ich sag da lieber gar nichts dazu“, meinte er, auf Hamiltons Reaktionen angesprochen, die durchaus Nervosität vermuten ließen. Aber einen kleinen Nachsatz konnte er sich nicht verkneifen: „Wenn es so wäre, wäre es natürlich schön.“

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