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Kubica

© dpa

Formel-1-Pilot Robert Kubica: "Setz niemals dein eigenes Geld"

Polens Formel-1-Star Robert Kubica spricht mit dem Tagesspiegel über Pokerpartien mit Bernie Ecclestone, die Hysterie in seiner Heimat und das Alleinsein in Italien.

Herr Kubica, man hört, Sie seien nicht nur ein guter Formel-1-Pilot, sondern auch ein guter Pokerspieler.

(Lacht) So? Vielleicht. Aber vielleicht sagen das auch nur Leute, die selbst gar nicht spielen können. Die denken, weil ich ein bisschen was kann, bin ich gut. Manchmal spiele ich auch nur so aus Spaß, dann bin ich nicht so gut.

Sie bluffen. Ein guter Pokerspieler würde seine wahre Stärke auch nicht zuzugeben. Haben Sie beim letzten Rennen in Valencia gepokert?

Ja.

Haben Sie gewonnen?

Ja.

Sehen Sie!

Aber gegen andere aus dem Fahrerlager ist es auch ziemlich einfach zu gewinnen.

Gegen wen spielen Sie denn?

Meistens mit Fernando Alonso, Giancarlo Fisichella, Vitantonio Liuzzi und Rubens Barrichello.

Man sagt, Sie haben auch Bernie Ecclestone und Flavio Briatore, die beiden ausgebufftesten Typen in der Formel 1, schon geschlagen. Stimmt das?

Vielleicht (grinst).

Wie kann man denn jemanden wie Ecclestone schlagen? Hat am Ende selbst der abgezockte Formel-1-Boss Zuckungen, mit denen er sich beim Bluffen verrät?

Pokern ist nicht wie das Leben. Manchmal reichen einfach auch die besseren Karten, um jemanden wie Bernie zu schlagen.

Spielen Sie um Geld?

Nein, wir haben Chips.

Ecclestone sagte einmal, er brauche eigentlich kein Geld, er möge nur das Gefühl, es zu verdienen. Brauchen Sie Geld?

Um zu überleben braucht man Geld.

Und für Luxus wie schicke Uhren?

(zeigt seinen nackten linken Unterarm) Nein, das interessiert mich nicht. Ich habe eine Uhr von meinem Sponsor, aber ich würde das nicht als Luxus bezeichnen.

Als Sie am Anfang Ihrer Karriere Geld zum Überleben brauchten, war man in Ihrer Heimat Polen nicht sehr spendabel.

Motorsport war einfach nicht populär in Polen. Wenn die Leute etwas nicht kennen und nicht sehen, wie sie daraus Nutzen ziehen könnten, unterstützen sie dich auch nicht. Nur einige wenige haben mir geholfen, weil sie an mich geglaubt haben. Von polnischen Firmen dagegen habe ich nie große Unterstützung bekommen.

Jetzt sind Sie plötzlich ein Held in Ihrer Heimat, jeder will etwas von Ihnen. Fühlt sich das nicht seltsam an?

Manchmal schon. Wenn ich Letzter wäre, würden sich bestimmt nicht so viele Polen für die Formel 1 interessieren.

Was haben Sie gespürt, als Sie nach Ihrem ersten Sieg in Montreal die polnische Hymne gehört haben?

Natürlich war ich glücklich. Aber ich bin ein Mensch, der sich nicht besonders mit solchen Gefühlsdingen auseinandersetzt. Es war schön, aber nach ein paar Tagen hatte ich das fast schon wieder vergessen.

Sie sind mit 13 aus Polen weggegangen und haben sich in der italienischen Kartszene durchgeschlagen. Fühlen Sie sich noch polnisch oder eher als Italiener?

Ich bin zu 100 Prozent polnisch. Ich bin zwar als Rennfahrer in Italien groß geworden, aber wenn ich über mein Zuhause rede, dann meine ich Polen.

Aber Sie leben in Monaco.

Leider ist es momentan unmöglich für mich, in Polen ein normales Leben zu führen. Ich kann nicht einmal unerkannt in den Supermarkt gehen. Ich bin ein ruhiger Mensch und mag meine Privatsphäre. Wenn das eines Tages wieder möglich ist, würde ich gern wieder in Polen leben.

In Italien hatten Sie viel Ruhe. Sie waren auf sich allein gestellt – ohne Ihre Familie, ohne Freunde. Das muss für einen jungen Menschen sehr hart gewesen sein.

Wenn man beschäftigt ist, hat man nicht viel Zeit um darüber nachzudenken. Aber die Italiener sind sehr offen und freundlich, das hat mir geholfen. Ich hatte immer viele nette Menschen um mich herum – die Mechaniker, das Team. Ich habe mich wie in einer Familie gefühlt.

Entwickelte sich in dieser Zeit auch Ihre Freundschaft zu Fernando Alonso, der ein ähnliches Schicksal hatte wie Sie und sich allein in der weiten Motorsportwelt durchschlagen musste?

Ja, ich habe ihn getroffen, als wir beide Kartfahrer waren. Ich respektiere Fernando als Fahrer und als Menschen. Wir sprechen ziemlich oft miteinander, er ist einer der wenigen Piloten, die ich auch außerhalb der Strecke treffe. Man kann schon sagen, dass wir gute Freunde sind.

Nochmal zurück zum Bluffen.

Arbeiten Sie eigentlich für ein Poker-Magazin?

Nein, ich kann nicht mal pokern.

Wenn Sie wollen, können wir das mal ausprobieren. Aber dann müssen Sie Geld auf den Tisch legen.

Ich habe keins.

Ich auch nicht. Wichtige Regel: Setz niemals dein eigenes Geld, setz immer die Kohle von jemand anderem. So bist du wenigstens nicht pleite, selbst wenn du verlierst (lacht).

Aber wo kriegt man das Geld denn her?

(zuckt mit den Schultern und grinst)

Also: Ist Bluffen ein wichtiger Teil, um im Motorsport zu bestehen?

Ich glaube nicht, dass es eine große Gemeinsamkeit zwischen der Formel 1 und dem Pokern gibt.

Aber Sie brauchen doch auch an der Strecke ein Pokerface. Michael Schumacher hat mal gesagt, wenn er zum Kurs kommt, ist er ein komplett anderer Mensch, als wenn er eine Maske aufhat.

Ich habe keine Maske. Vielleicht sollte ich mir eine kaufen – aber nicht mit meinem eigenen Geld.

Sie geben sich also an der Strecke genauso wie zu Hause?

Natürlich bin ich zu Hause anders. Ich mag es nicht, dort mit Freunden über die Formel 1 zu reden. Weil ich die Zeit brauche, um Energie zurück zu bekommen.

Und zu pokern?

Nein, ich pokere nicht zu Hause.

– Das Gespräch führte Christian Hönicke.

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