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Hut ab. Sebastian Vettel fuhr mal wieder in der Qualifikation allen davon.

© AFP

Formel 1: Sebastian Vettel - der Qualifikationsweltmeister

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel startet zum siebten Mal in dieser Saison von der Poleposition – doch das heißt nicht viel.

Von Christian Hönicke

Über den Hungaroring hat sich Sebastian Vettel mal ein paar Gedanken gemacht. „Hier gibt es eine schöne Trophäe aus Porzellan, die fehlt mir noch“, sagt der Formel-1-Vizeweltmeister. Allerdings sei das anmutige Gefäß gar nicht so leicht zu gewinnen. Die Strecke in der Nähe von Budapest sei so kurvig und holprig, dass man sie nur schwer beherrschen könne. „Sie ist wie eine Frau an deiner Seite, die sich nicht vernünftig benimmt.“ Am Samstag kam Vettel mit der Zicke Hungaroring aber von allen Fahrern am besten zurecht. Sein Red Bull fuhr im Qualifikationstraining in einer eigenen Welt – wieder einmal. Vettel holte sich den besten Startplatz vor seinem Stallrivalen Mark Webber und Fernando Alonso im Ferrari, der um unglaubliche 1,2 Sekunden abgehängt wurde. „Ich bin glücklich, wieder auf der Pole zu sein“, sagte Vettel. „Das ganze Wochenende lief bis jetzt wie geschmiert.“ Es war bereits die vierte Poleposition in Folge für den Heppenheimer; die größte Herausforderung besteht nun darin, diesen Vorteil endlich auch am Sonntag durch die erste Kurve und ins Ziel zu retten. „Es gibt leider keine Punkte am Samstag.“ Vielleicht sollte er mal auf eine Regeländerung drängen.

Denn während der 23-Jährige mit nun insgesamt sieben Polepositions in dieser Saison der Qualifikationsweltmeister ist, kommen er und sein Teamkollege Mark Webber im Rennen einfach zu selten ganz nach vorn. Beide liegen trotz des schnellsten Autos im Feld gleichauf mit 136 WM-Punkten noch hinter dem McLaren-Duo Lewis Hamilton (157) und Jenson Button (143). An fast jedem verdammten Sonntag scheint bei Red Bull etwas dazwischenzukommen, sei es ein Defekt, ein Unfall unter Kollegen oder eine seltsame Strategie. Derzeit hat Vettel die ärgerliche Routine entwickelt, dass es für ihn meist schon vorbei ist, bevor es richtig losgeht. „Hoffentlich haben wir morgen einen guten Start und gewinnen“, sagte er am Samstag fast beschwörend. „Idealerweise fahre ich einfach geradeaus drauflos.“ Das hat sich in der Vergangenheit als schwieriger herausgestellt als gedacht.

Vor einer Woche hatte der Deutsche bei seinem Heimspiel in Hockenheim schon auf den ersten Metern beide Ferraris passieren lassen müssen und war nur Dritter geworden. Ein Rennen zuvor war er in Silverstone ebenfalls von der besten Startposition überrumpelt worden und schlitzte sich dabei sogar einen Reifen auf. So viel Ärger am Start kann den sonst ausgeglichenen Vettel schon mal aus der Contenance bringen: „Gott sei Dank haben wir da einen Helm auf, da sieht man nicht immer alles.“

Trotz aller Wutschreie hinter verschlossenem Visier möchte Vettel nicht glauben, dass der Red Bull einfach generell schwer in die Gänge kommt. „Im Schnitt gab es, glaube ich, dieses Jahr nicht viele Leute, die besser gestartet sind“, sagt der 23-Jährige. Nun, die Statistik liest sich wie folgt: Der Vizeweltmeister startete in dieser Saison bisher sechs Mal von der Poleposition, fünfmal war er seinen Platz an der Sonne schon in der ersten Kurve wieder los, nur einmal konnte er auch von Startplatz eins gewinnen. Dagegen hat zum Beispiel Michael Schumacher, wenn auch weiter hinten im Feld, im röhrenden Startgewimmel der 24er-Meute bisher im Durchschnitt etwa zwei Plätze gutgemacht.

Am Sonntag beim Großen Preis von Ungarn (14 Uhr, live bei RTL und Sky) bietet sich dem Rekordweltmeister eine vortreffliche Gelegenheit, diese Statistik weiter aufzuhübschen. Der Mercedes-Pilot hat als 14. jede Menge potenzielle Überholopfer vor sich. Er habe ein wenig mit der Abstimmung experimentiert, „und das ist in die Hose gegangen“. Sein Teamkollege Nico Rosberg hatte ein glücklicheres Händchen, fuhr gleich acht Zehntel schneller und wurde Sechster. „Acht Zehntel muss man nicht bei den Fahrern suchen“, sagte Schumacher ratlos, „dafür gibt es wahrscheinlich andere Gründe.“ So oder so dürfte ein gutes Ergebnis schwer werden: „Dazu müsste mir der liebe Gott schon sehr beistehen.“

Diese Hilfe hat Vettel bei seinem Startdilemma noch nicht erbeten. „Jeder Start hat seine eigene Geschichte“, erklärt er. In Silverstone habe er auf der Streckenseite gestanden, die überraschenderweise weniger griffig gewesen sei. Auch in Hockenheim, wo er auf der Startgeraden fast stehen blieb, habe es nicht an ihm gelegen. Es sei „abhängig von der Elektronik, wie das Auto die ersten Meter losfährt. Da kann ich nicht viel machen.“ Das Problem mit der Kupplungselektronik sei aber gefunden und behoben worden.

Das würde auf dem engen Hungaroring durchaus helfen. Hier ist das Überholen noch aussichtsloser als auf anderen Kursen, deswegen macht der Start „schon 60 bis 70 Prozent des Ergebnisses“ aus, wie Alonso mutmaßte. Auch Vettel weiß: „Der Start und die erste Kurve sind hier sehr wichtig.“ Andernfalls liegt seine Hoffnung auf die schöne Porzellanvase womöglich schon nach ein paar hundert Metern in Scherben.

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