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Die Gelegenheit beim Auspuff packen. Die Formel 1 ist entschlossen, Sebastian Vettel in Zukunft das Siegen zu erschweren – der Spannung wegen.

© Reuters

Formel 1: Vettel und der abgeblasene Diffusor

Um Sebastian Vettels Dominanz zu stoppen, könnte die Formel 1 den Auspuff des Red Bull schon nach dem Rennen in Barcelona verbieten. Die Rivalen können den Antrieb nicht kopieren und schwärzen an.

Von Christian Hönicke

Adrian Newey hat sich seine eigene Zeitmaschine gebastelt. Für den Chefdesigner von Red Bull hört das Jahr 1998 nie so richtig auf. McLaren heißt jetzt Red Bull und Mika Häkkinen ist Sebastian Vettel, aber ansonsten ist alles wieder so wie damals. Newey, der studierte Luftfahrtingenieur, hat mal wieder ein Formel-1-Auto kreiert, das allen anderen davonfliegt. Neweys Problem ist nur, dass seine Autos zu schnell sind – und immer wieder eingebremst werden, damit es nicht langweilig wird. Vor dreizehn Jahren verbot der Automobil-Weltverband Fia die innovative Bremse am McLaren, diesmal wird es wohl den Auspuff des Red Bull RB7 erwischen, mit dem Weltmeister Sebastian Vettel derzeit von Sieg zu Sieg eilt. Danach sieht es jedenfalls vor dem Großen Preis von Spanien am Wochenende aus.

Das Rennen in Barcelona ist traditionell so etwas wie die große Trendbörse der Formel 1. Zum Auftakt der Europasaison sind meist alle geheimen neuen Bauteile der Konkurrenz identifiziert und werden entweder nachgebaut oder – wenn das nicht funktioniert – bei der Fia angeschwärzt. Letzteres ist offenbar Neweys „angeblasenem Diffusor“ widerfahren.

Der Brite hatte im vergangenen Jahr die Idee, mithilfe von Auspuffgasen höhere Kurvengeschwindigkeiten zu erreichen. Im Kern funktioniert das so: Die Abgase werden nicht hinter, sondern unter das Auto geleitet. Dort erzeugen sie einen Luftstrom durch den Unterboden samt dem sogenannten Diffusor, der für ein Drittel des Anpressdrucks in Kurven verantwortlich ist. Newey stellte den Motor so ein, dass er auch dann noch mit voller Kraft weiterläuft und Abgase ausstößt, wenn der Fahrer vom Gas geht. Zwar benutzen inzwischen fast alle Teams dieses System, aber bei niemandem funktioniert es so gut wie bei Red Bull. Die Folge: Durch schnelle Kurven rast Vettel mit bis zu 20 Stundenkilometern mehr als die Konkurrenz.

Die versucht schon lange das Geheimnis des Kurvenwunders RB7 zu ergründen. Nun gab es wohl einen Hinweis aus den Reihen der Gegnerschaft, der einen Brief der Fia an die Teams nach sich zog. In dem weisen die Regelhüter eindringlich darauf hin, dass der Motor zum Antrieb gedacht sei und ein Einsatz als aerodynamische Komponente nicht erlaubt sei. Hinzu kommt, dass das System laut Red Bulls Motorenlieferant Renault zehn Prozent mehr Treibstoff verbraucht – das ist der Fia-Effizienzoffensive, die die Formel 1 künftig zum Spritsparen anhält, nicht gerade förderlich.

Schon in Spanien sollte das Auspuffgebläse daher kurzfristig verboten werden, doch das wendeten die Teams mit dem Verweis auf Sicherheitsbedenken ab. Auf dem aerodynamisch äußerst anspruchsvollen Kurs von Barcelona kann Vettel seine Überlegenheit in den lang gezogenen Kurven also noch einmal voll ausreizen – nach dem Großen Preis von Monaco nächste Woche soll dann über ein Verbot entschieden werden.

Dabei hatte sich Red Bulls Chefdesigner nach der Maßregelung 1998 doch geschworen, es nie wieder so weit kommen zu lassen. Er hatte darauf geachtet, die Dominanz seiner Autos nicht mehr so offensichtlich zu zeigen, dass die Fia sich um der Spannung willen zum Eingreifen genötigt sieht. In diesem Jahr aber war er einfach zu gut. Der Red Bull ist allen anderen Wagen so hoffnungslos überlegen, dass Vettel in vier Rennen drei Siege herausfuhr. Vor allem der Vorsprung in der Qualifikation ist „lächerlich“, wie es McLaren-Pilot Lewis Hamilton ausdrückte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand Zucker in den Red-Bull-Tank schüttet, und für Christian Horner kam der Brief der Fia dann auch wenig überraschend. „So etwas ist unvermeidbar, es sind die unglücklichen Auswirkungen unseres Erfolgs“, sagte der Teamchef von Red Bull. „Wenigstens werden alle Teams, die ein solches System verwenden, betroffen sein.“

Auch Adrian Newey ist diesmal vorbereitet. Er betont, dass der innovative Auspuff nicht allein für den Erfolg des Red Bull verantwortlich sei, sondern das Zusammenspiel unzähliger aerodynamischer Komponenten. Was das ist, möchte man bei Red Bull aus naheliegenden Gründen lieber nicht verraten.

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