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Stefano Domenicali

© AFP

Formel 1: Visier hochgeklappt

Ferraris neuer Chef Domenicali entschärft das Verhältnis zum Rivalen McLaren.

„Ich habe größte Hochachtung vor ihm und vor all dem, was er aufgebaut und mit seinem Team erreicht hat“, sagt der eine. Das Kompliment kommt prompt zurück. Er sei „ein sehr angenehmer Partner“, mit dem man bestimmt konstruktiv zusammenarbeiten könnte, sagt der andere. Sind das wirklich die Teamchefs der Formel-1-Rennställe Ferrari und McLaren-Mercedes, die so freundlich übereinander reden? Die Antwort lautet ja. Es ist schon fast ein kleines Wunder, bedenkt man das mehr als gespannte Verhältnis der beiden Teams in den letzten Jahren, verschärft natürlich noch durch die Spionageaffäre des vergangenen Jahres. Der Hauptgrund für die Entspannung an der umkämpftesten Frontlinie des Grand-Prix-Sports heißt Stefano Domenicali. Er hat vor Beginn der Saison Jean Todt als ersten Mann am Ferrari-Kommandostand abgelöst und pflegt offenbar eine völlig andere Kommunikationsstrategie als der Franzose, der McLaren-Chef Ron Dennis zum Lieblingsfeind auserkoren hatte.

Stefano Domenicali, der frühere Teammanager, ist dabei eigentlich nur der Erste unter Gleichen einer vierköpfigen Führungsmannschaft, die jetzt bei den Roten das Sagen hat. „Denn das Geschäft ist so komplex geworden, dass einer allein den Laden gar nicht mehr führen kann“, sagt der Italiener. „Man braucht für jeden Bereich einen Spezialisten.“ So hat der 42-Jährige, der 1991 seine Karriere bei Ferrari in der Finanzabteilung begann, als Technikchef Aldo Costa neben sich. Dazu kommt Motorenchef Gilles Simon, ein Franzose und der einzige Nicht-Italiener im Führungsquartett, sowie Sportdirektor Mario Almondo. Letzterer ist der Verbindungsmann zwischen Business und Technik und hat sich bei Ferrari vor allem dadurch profiliert, dass er über Jahre hinweg ein Qualitätskontrollsystem aufbaute, dass die enorme Zuverlässigkeit der Autos in den Schumacher-Glanzjahren garantierte. Aber Domenicali ist trotzdem der Boss – zumindest der, der diese Rolle in der Öffentlichkeit spielt. Sein Führungsstil unterscheidet sich allerdings stark von dem seines eher autoritär veranlagten Vorgängers Todt – Domenicali führt eher kollegial und diplomatisch. Er mag die politischen Spiele hinter den Kulissen – man könnte sie auch Intrigen nennen – weniger und kämpft lieber mit offenem Visier. Diese Kampfform kommt sicher auch dem selbsternannten Ehrenmann Ron Dennis entgegen.

Wiewohl auch Dennis seinen Teil zu den neuen Gepflogenheiten zwischen den Dauerrivalen beiträgt. Entgegen so mancher Gerüchte in den letzten Wochen trat er auch in Melbourne weiterhin als Teamchef an, und wie: souverän, für seine Verhältnisse sehr locker und umgänglich. Die Winterpause hat ihm offensichtlich gut getan und ihn zumindest einiges vom Stress des letzten Jahres vergessen lassen. Den Fragen nach seiner Position konnte er natürlich auch hier trotzdem nicht entgehen, aber auch da konterte er locker: „Wie man sieht, bin ich hier!“ Nur, um dann noch einmal zu erklären, dass seine Rolle im Team sich zumindest arbeitstechnisch sowieso schon seit längerer Zeit verändere: „Martin Whitmarsh erledigt den Löwenanteil der Arbeit als CEO von McLaren, das war schon in den letzten drei Jahren so. Also egal wie es in der Zukunft weitergehen wird, es wird ein fliegender Wechsel.“ Noch bleibt er aber die nominelle Nummer eins, auch wenn dies zu den kleineren seiner Aufgaben in dem Gesamtunternehmen McLaren zähle. Für wie lange – zumindest noch für dieses Jahr? Mit einem kleinen Lächeln antwortet er: „Das ist der Plan.“ Vielleicht weiß da einer schon mehr, und vielleicht ist der ehrgeizige Ron Dennis angesichts des herannahenden Endes seiner Boxengassentage auch ein wenig milder gestimmt als sonst. Die Hoffnung ist jedenfalls berechtigt, dass das WM-Duell 2008 zu einer weniger schmutzigen Angelegenheit werden könnte als das 2007.

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