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Ein Ferrari fährt mit einem geplatzten Hinterreifen.

© rtr

Formel 1: Wenn die Fetzen fliegen

Pirelli unter Druck: Die Reifenfrage stürzt die Formel 1 vor dem Rennen am Nürburgring in die Krise – sogar ein Boykott droht. Fia-Präsident Jean Todt zitiert den Reifenhersteller derweil zur Krisensitzung.

Wenn es in der Formel 1 das Unwort des Jahres gäbe, dann stünde der Favorit 2013 jetzt schon fest: Reifen. Auch nach dem Großen Preis von Großbritannien gab es mal wieder kein anderes Thema, aus gutem Grund. Fünf zerfetzte Reifen hatten das Rennen in Silverstone zur Farce werden lassen, Rennleiter Charlie Whiting gab zu, kurz davor gewesen zu sein, den Grand Prix abzubrechen. Nach dem bizarren Schauspiel standen ratlose Verantwortliche des Reifenlieferanten Pirelli an der Strecke herum, die am Sonntagabend zugeben mussten, im Prinzip keine Ahnung zu haben, was da eigentlich passiert war. Die Vermutung, die Schäden hätten vor allem mit den Randsteinen in Silverstone zu tun, wiesen die Fahrer fast einstimmig zurück. „Ich fahre seit 12 Jahren hier, immer gleich, und die Randsteine haben sich auch nicht verändert. Und bisher hat es nie Probleme gegeben“, sagt Ferrari-Pilot Fernando Alonso.

Das Thema Reifen und Sicherheit beherrscht in der Formel 1 jetzt endgültig alles. Es drängt sogar die Diskussion um Mercedes und die Folgen der 1000 zusätzlichen Testkilometer der Silberpfeile in den Hintergrund, auch wenn Lotus-Teamchef Eric Boullier nach dem Sieg von Nico Rosberg schon noch einmal feststellte: „Vor dem Test waren sie im Rennen nirgendwo, danach gewinnen sie zwei von drei Rennen. Da ist es nicht schwierig, gewisse Schlüsse zu ziehen.“

Die einzige Frage, die im Moment noch wichtig ist: Wie kommt man aus dieser gefährlichen und auch für das Image der gesamten Formel 1 schädlichen Situation wieder heraus? In Rücksprache mit dem Präsidenten des Automobil-Weltverbands Fia, Jean Todt, kündigte Formel-1-Chef Bernie Ecclestone weitere Testfahrten zur Lösung des Problems an. Pirelli sollen zweimal drei Testtage zur Verfügung stehen, bei denen aktuelle Autos verwendet werden dürfen. Ein möglicher Termin wäre der für Mitte Juli geplante Nachwuchsfahrer-Test, der zu einem allgemeinen Reifentest mit den Stammfahrern umfunktioniert werden könnte.

Formel 1: Pirelli muss zur Krisensitzung

Fia-Präsident Todt hat Pirelli zudem aufgefordert, am Mittwoch vor dem nächsten Rennen auf dem Nürburgring zu einer Krisensitzung zu erscheinen. Zwar treten auf dem Kurs in der Eifel wegen geringerer Kurventempi nicht so hohe Belastungen auf wie in Silverstone. Doch das Risiko, dort noch einmal auch nur annähernd die gleichen Probleme zu bekommen, kann niemand eingehen.

Unter den Fahrern machten sogar Boykottgerüchte um das Rennen in Deutschland die Runde. „Das ist einfach nicht akzeptabel. Sie machen erst etwas, wenn jemand verletzt wird“, sagte Mercedes-Pilot Lewis Hamilton, der durch einen Reifenplatzer um den möglichen Sieg gebracht worden war. Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda schlug vor, die Vorjahresreifen wieder zu benutzen, „da weiß man, was man hat“. Die zweite Möglichkeit wäre, jenen neuen Reifen zu bringen, der in Kanada und in Silverstone im Training schon getestet wurde und einen guten Eindruck hinterließ. Bei diesem hat Pirelli das Innenleben verändert, das soll weniger Überhitzungsprobleme und mehr Haltbarkeit bringen.

Eigentlich hätte diese Neuentwicklung schon in Silverstone zum Einsatz kommen sollen, doch das blockierten dann Lotus, Force India und Ferrari. Weil sie befürchteten, damit einen Vorteil gegenüber Red Bull und Mercedes zu verlieren. So stellte Red-Bull-Technikchef Adrian Newey jetzt auch fest: „Man darf für das, was in Silverstone passiert ist, nicht nur Pirelli verantwortlich machen. Da müssen sich jetzt auch die an die eigene Nase fassen, die eine mögliche Lösung im Vorfeld blockiert haben.“ Nach den fünf Explosionen von Silverstone gaben die drei Teams ihren Widerstand gegen die neuen Reifen nun offiziell auf. „Sicherheit ist unsere oberste Sorge“, sagte Lotus-Teamchef Eric Boullier. Auch Force-India-Pilot Adrian Sutil erklärte: „So kann es nicht weitergehen. Wenn so ein Reifenplatzer an einer anderen Stelle passiert, bei Tempo 300 in Spa, dann wird das lebensgefährlich.“

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