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Sport: Formel 3: Im Schritttempo zur Königsklasse

Der Korkedamm in Altglienicke ist eine unbedeutende Straße. Lediglich dem Auto- und Motorradhändler Peter Mücke ist es geschuldet, dass die Sackgasse relativ stark frequentiert ist.

Der Korkedamm in Altglienicke ist eine unbedeutende Straße. Lediglich dem Auto- und Motorradhändler Peter Mücke ist es geschuldet, dass die Sackgasse relativ stark frequentiert ist. Momentan ist es noch so, denn zumehmend mehr Besucher kommen wegen seines Sohnes. Stefan, ein 19-Jähriger, hat mittlerweile dafür gesorgt, dass sich die erste Motorsport-Adresse in Berlin bereits heute in Altglienicke befindet. Nur, die Mückes protzen damit nicht. Ein paar Pokale in den oberen Fenstern und kleine Bilder neben dem Schreibtisch des Chefs neben dem Eingang, nichts anderes deutet darauf hin, dass dort eines der größten Motorsport-Talente in Deutschland wohnt.

Es passt ins Bild der Zurückhaltung, dass Stefan Mücke dem Besucher bescheiden im blauen Schlosseranzug als Lehrling gegenübertritt. "Uns bedeuten Pokale, Auszeichnungen und andere Dinge dieser Art nicht viel", sagt Peter Mücke. "Ich glaube, die Trophäe vom Sieg auf dem Hockenheimring zum Saisonende liegt immer noch im Transporter." Vater und Sohn sind sich einig, dass mit diesen Erfolgen ja eigentlich noch nicht viel passiert sei. "Wir müssen jetzt auf dem Teppich bleiben. Stefan war mit 17 Jahren der jüngste Formel-3-Fahrer, jetzt ist er gerade einmal 19 und hat große Fortschritte gemacht", meint das Familien-Oberhaupt. "Für uns steht ein vernünftiger Karriere-Aufbau im Vordergrund." Wenn es auch paradox klingen mag, hilfreich für 2001 war es, dass Stefan Mücke die zurückliegende Saison nur mit Rang fünf beendete. Der Vater begründet das so: "Der Gesamtsieg hätte ihm die Formel-3-Zukunft verbaut. Wir möchten eigentlich noch ein Jahr in dieser Klasse fahren. Sie ist der Formel 1 am ähnlichsten."

Die Entscheidung ist im Team Mücke Motorsport noch nicht gefallen, trotz der vielen lukrativen Angebote, darunter auch eines des US-amerikanischen Chassis-Herstellers Swift für die Champ-Car-Serie. Das Werksteam steigt 2001 in die Serie ein und Stefan könnte an der Seite des Brasilianers Tarso Marquez fahren, der seit 1999 in dieser Serie dabei ist. Die Champ-Car-Serie der Cart-Organisation (Championship Auto Racing Teams) wird im September 2001 auf dem neuen Lausitzring ihre Europa-Premiere erleben. Möglich wäre aber ebenso ein Vertrag für die Formel 3000, aus der gleich mehrere Angebote vorliegen. "Das alles ehrt uns natürlich, doch wir wollen auf keinen Fall, dass Stefan verheizt wird." Beispiele dafür, dass der Sprung aus der Formel 3 in die Königsklasse Formel 1 eher gelingen kann, die gibt es. Der Brite Jenson Button bewies das in der vergangenen Saison in einem BMW-Williams eindrucksvoll. Ihm nachmachen möchte das 2001 im Schweizer Sauber-Team der junge Finne Kimi Räikkönen, dessen steiler Aufstieg jedoch vielfach kritisiert wird. "Völliger Wahnsinn", sagt auch Peter Mücke.

Entscheidenden Einfluss auf Stefan Mückes weiteren Weg hat durch eine vertragliche Bindung letztlich Mercedes in Stuttgart. Sportchef Norbert Haug, der den Sieg des Berliners in Hockenheim live miterlebt hat, ist an einem kontinuierlichen Aufbau sehr interessiert. So war es selbstverständlich, dass der Azubi (Notendurchschnitt 1,4) auch zum Fitnesstraining zum berühmten Toni Mathis nach Österreich eingeladen wurde. Weitere Termine sind für Februar und März geplant. Stefan Mücke, bei der Dekra der Nachfolger des Formel-1-Weltmeisters und seines großen Vorbildes Michael Schumacher als "Mann mit der Mütze", sieht das gelassen. "Die Hauptsache ist der Spaß am Motorsport", meint er. Etwa 100 000 Mark an Siegprämien hat er zwar schon eingefahren, aber die verschwanden sofort im 2,5-Millionen-Etat des Teams. Bescheiden wie er ist, reicht ihm das Lehrlingsgeld zur Zeit noch aus. "Finanzielle Träume habe ich aber durchaus", gibt er offen zu.

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