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Zu viele Knöpfe? Lewis Hamilton im Mercedes-Cockpit.

© dpa

Formel1 in Abu Dhabi: Gefahr per Knopfdruck

Die Piloten der Formel 1 klagen vor dem letzten Saisonrennen in Abu Dhabi über zu viele Schalter im Auto.

Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton war es, der sich kürzlich beschwerte: „Es gibt heute in der Formel zu viele Knöpfe am Lenkrad.“ Früher seien zwar noch mehr dagewesen, jetzt habe man sogar einige weggenommen, aber das mache die Sache nicht besser: „Denn die Funktionen sind noch immer da.“ Nur verfüge jetzt ein Schalter oft über mehrere Funktionen – was das Ganze erst recht unübersichtlich mache. „Ich habe ein Lenkrad zuhause und eine Betriebsanleitung, in der erklärt wird, wofür all diese Schalter überhaupt sind“, sagte Hamilton. „Ich muss meine Erinnerung immer mal wieder auffrischen.“

Wie das eigentlich im Top-Sport des Weltautomobilverbandes Fia zu den parallel laufenden Sicherheitskampagnen passt, mit denen man versucht, gerade junge Autofahrer davon abzubringen, aufs Handy statt aufs Steuer zu achten, ist die eine Frage. Ob es aber nicht auch in der Formel 1 ein zusätzliches Risiko bedeutet, ist eine andere. „Man muss seine Augen von der Strecke wegnehmen und die ganze Zeit auf die Anzeige schauen, was sehr schwierig und auch gefährlich ist“, sagt Hamilton. Solche grundsätzlichen Debatten können nun geführt werden, da alle Entscheidungen gefallen sind und die Formel 1 am Sonntag in ihr letztes Saisonrennen in Abu Dhabi geht (14 Uhr/RTL), bei dem Nico Rosberg zum sechsten Mal in Folge von der Pole Position startet.

Tatsächlich gab es wegen der Schalter schon einige Zwischenfälle, zum Beispiel 2014 in China, als Pastor Maldonado im Training von der Strecke flog, weil er mit Verstellarbeiten an seinem Lenkrad beschäftigt war. Und dieses Jahr im dritten freien Training in Kanada erwischte Sauber-Pilot Felipe Nasr aus Versehen einen falschen Knopf, was auch einen heftigen Crash auslöste: „Ich wollte damals den Funkknopf drücken, habe aber den fürs DRS erwischt.“ Der verstellbare Heckflügel ging mitten in der Anbremsphase zur letzten Schikane auf, der Abtrieb war weg – und der Brasilianer hing spektakulär in der Mauer.

"Es macht alles künstlicher, abstrakter"

Damit solche Fehler möglichst nicht passieren, gehört genaues Studium der Lenkräder und Training der Abläufe zum wichtigsten Vorbereitungsprogramm für heutige Formel-1-Piloten. „Das ist der größte Unterschied, wenn man aus der GP2 in die Formel 1 kommt", sagt Nasr. "Dort hatte ich gerade mal zwei Knöpfe, einen für den Funk und einen zum Verstellen der Bremskraft. Für die Formel 1 kriegt man ein zwei Zentimeter dickes Handbuch, das man am besten auswendig lernen soll, um sämtliche Funktionen, Verstellmöglichkeiten und die dahinter stehende Technik zu kennen und zu verstehen“, sagt Nasr.

Sauber-Physio Josef Leberer geht mit den Piloten gerade vor Saisonbeginn immer wieder alles durch, übt, „auch unter zusätzlicher körperlicher Belastung, damit sie lernen, auch da konzentriert auf alle Anweisungen zu reagieren.“ Beim Training auf dem Fahrradergometer drücke ihm „der Josef dann manchmal ein Lenkrad in die Hand und dann muss ich weiter strampeln und dabei das ganze Zeug machen“,sagt Nasr und lacht. Zeitweise hat er sogar Original-Funksprüche der Ingenieure aufgezeichnet und dann eingespielt.

Der Österreicher Leberer, der ja zu Beginn seiner Formel-1-Laufbahn sechs Jahre lang Ayrton Senna betreute, kann verstehen, dass gerade den heutigen absoluten Top-Piloten, echten Racern wie Hamilton oder Vettel, die Knöpfchendrückerei auf die Nerven geht. „Denn es nimmt ja doch viel vom ursprünglichen, harten Rennfahren weg, macht alles künstlicher, abstrakter.“ Er kann sich vorstellen, dass sich die ganz junge, mit Playstation aufgewachsene Piloten damit leichter tun. Aber wenn es das alles vor 25 Jahren schon gegeben hätte, „dann hätte auch Senna es bestimmt nicht besonders gemocht, aber es gelernt und perfektioniert“.

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