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Idee gesucht. Weltmeister Sebastian Vettel ist gegen die Mercedes-Autos derzeit nahezu chancenlos.

© AFP

Formel 1 - GP von Kanada: Red Bull fährt Mercedes weiter hinterher

Weltmeister Sebastian Vettel sieht in seinem Red Bull die Mercedes-Autos derzeit meist nur von hinten. Motorenpartner Renault gerät vor dem Rennen in Kanada deshalb zunehmend unter Druck.

Wieder eine neue, schnelle Strecke und das alte Bild in der Formel 1: Mercedes liegt deutlich vor der Konkurrenz, und Red Bull kommt nicht wirklich heran. Dabei hatte Motorenpartner Renault dem Weltmeisterteam um Sebastian Vettel im Vorfeld des Großen Preises von Kanada in Montreal (20 Uhr, live bei RTL und Sky) wieder einmal Fortschritte versprochen. Zwar reichte es für Vettel in der Qualifikation am Sonnabend dann auch immerhin für Startplatz Nummer drei – gleich hinter den Mercedes-Piloten Nico Rosberg, der seine zweite Pole Position nacheinander holte, und Lewis Hamilton. Doch Red Bull fehlt es im Vergleich zu Mercedes immer noch massiv an Leistung. Auch wenn sich Vettel mit den Qualifikationszeiten durchaus zufrieden zeigte. „Am Ende wollte ich mehr riskieren und es hat geklappt“, bilanzierte der Weltmeister.

Insgesamt bestätigt die Entwicklung jedoch eine Theorie, die Technikexperten und Ingenieure schon seit einiger Zeit vertreten. Der extreme Vorteil von Mercedes im gesamten Antriebsbereich sei für die Konkurrenz auf die Schnelle kaum aufzuholen. Denn, so die Experten, „er entspringt einer grundlegenden Konzeptfrage“. In einem Punkt sei Mercedes nämlich anders vorgegangen als die Konkurrenz von Ferrari und Renault. Die Unterbringung der zwei Elemente des Turbo-Antriebs, Turboschaufelrad und Kompressor, in zwei verschiedenen Gehäusen – die Anordnung an getrennten Orten also –, sorge durch geringere Hitzewirkung an entscheidender Stelle für deutlich mehr Effizienz. So käme es zum Leistungsplus bei den Silberpfeilen.

Mercedes hat viel Aufwand in die Entwicklung gesteckt

Dass das bei den anderen Mercedes-Teams nicht ganz so deutlich sei, könne unter anderem daran liegen, dass die heute ebenfalls sehr wichtige Steuerungssoftware für das ganze Hybrid-Antriebssystem bei den Kundenteams eben doch nicht ganz die gleiche sei wie beim Werksteam. Zumindest hörten sich die Motoren gerade im Ansprechverhalten durchaus unterschiedlich an.

Sollte diese Theorie der Wahrheit entsprechen, wären das ganz schlechte Nachrichten für Renault und Ferrari. Denn dann wäre ohne eine grundlegende Konzeptänderung an ein Aufschließen nicht wirklich zu denken. Mercedes hat in den Entwicklungsprozess des neuen Hybrid-Antriebskonzepts mit Turbo- und Elektromotoren mehr Aufwand gesteckt als alle anderen. Neben den 800 Mitarbeitern im Werk in Brackley arbeiten allein 400 in der Motorenschmiede in Brixworth – Zahlen, die die Möglichkeiten aller anderen Teams weit übersteigen. Dazu kommt noch die Chance, gerade im Bereich der so wichtigen Entwicklung des neuen Antriebsstrangs auf Werksressourcen in Stuttgart und Sindelfingen zurückzugreifen. Bei den dortigen Mitarbeitern bedankt sich Teamchef Toto Wolff gern auch mal öffentlich.

Dass Renault verklagt werden soll, wird von Red Bull dementiert

Gerade bei Renault spielt man die ganze Theorie natürlich herunter, behauptet, man hätte sogar selbst schon mal über ein derartiges Konzept nachgedacht, es dann aber verworfen. Wenig überraschend, denn sonst müsste man ja öffentlich zugeben, möglicherweise einen grundlegenden konzeptionellen Fehler gemacht zu haben. Und damit sich selbst und seine Teams, allen voran die seit Jahren so erfolgsverwöhnte Red-Bull-Truppe, in arge Probleme gebracht zu haben. Red-Bull-Motorsportkoordinator Helmut Marko sagt immer wieder deutlich, wo es hakt, auch wenn er Meldungen, dass man sogar darüber nachdenke, Renault zu verklagen, eindeutig ins Reich der Fantasie verweist. „Aber auf den Gebieten Leistung, Zuverlässigkeit, Fahrbarkeit müssen wir bei unseren Ansprüchen – und auch den Ansprüchen von Renault – zumindest auf Augenhöhe mit Mercedes sein, und das ist leider bis jetzt nicht der Fall."

So tauchten zuletzt Gerüchte auf, dass sich Red Bull überlege, den Motorenpartner zu wechseln, etwa VW zu einem Einstieg in die Formel 1 zu bewegen. Was Marko kürzlich entschieden zurückwies: „Das war eine komplette Falschmeldung. Unser Ziel ist es, nach dem Grand Prix von Österreich mit Renault eine vorläufige Bilanz zu ziehen, unsere Daten gemeinsam auf den Tisch zu legen und dann mit Renault einen Plan zu entwickeln, wie es 2014 und auch 2015 mit unserer Arbeit weitergehen soll.“ Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner betonte in Montreal noch einmal: „Wir fahren auch 2015 mit Renault.“ Was kein wirkliches Bekenntnis darstellt, denn bis 2015 könnte ein neuer Hersteller schließlich keinen Motor fertig bekommen. Auch der Mercedes-Motor selbst ist keine Option. Denn selbst wenn er von Red Bull zu bekommen wäre, dann längst nicht auf dem gleichen Stand wie in den Silberpfeilen. Dass man sich nicht umschaue, ob für die fernere Zukunft andere Möglichkeiten existieren, haben allerdings weder der clevere Jurist Marko noch Horner explizit gesagt.

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