zum Hauptinhalt
Lässigkeit kennt keine Rennen. Sebastian Vettel würde sich das Szenario eines Saisonfinals in Sao Paulo am liebsten ersparen, Fernando Alonso hofft darauf.

© dpa

Formel 1 in USA: Alte Schule auf neuem Land

Formel 1 und die USA? Lange Zeit war das keine glückliche Liason – in Austin ist nun Besserung in Sicht. Auch, weil die Stadt ganz anders sein will als der Rest von Texas.

Die Skeptiker sind allmählich verstummt, die Zahlen haben sie eines Besseren belehrt. Mehr als 65 000 Zuschauer waren bereits am ersten Trainingstag zur neuen Strecke im US-amerikanischen Austin gepilgert, auch der heutige Rennsonntag ist mit über 120 000 Tickets schon fast ausverkauft – und das, obwohl der Grand Prix der USA in seinem ersten Jahr zeitgleich mit dem großen NASCAR-Finale in Miami stattfindet, einem Highlight des amerikanischen Motorsports. Dass der „Circuit of the Americas“ 30 Fahrminuten von der Stadt Austin entfernt liegt, dass es noch Zweifel gibt, wie das heute bei nur einer großen Zufahrtsstraße mit dem Verkehr klappen soll – Schwamm drüber. Die Formel 1, die seit jeher Probleme hat, in den USA Fuß zu fassen, scheint mit Austin in dieser Beziehung einen Schritt nach vorn gemacht zu haben.

Mario Andretti, 1978 der letzte US-amerikanische Formel-1-Weltmeister, glaubt jedenfalls nicht, dass sich seine Landsleute nur für die eigenen Motorsport-Serien interessieren. Und Williams-Pilot Bruno Senna pflichtet ihm bei: „Ich war überrascht, wie viele Leute am Flughafen Fotos und Autogramme haben wollten.“ Obwohl in Indianapolis, wo die Formel 1 von 2000 bis 2007 gastierte, schlimme Fehler gemacht wurden – sagt Andretti. „Es funktioniert nicht, wenn du ein Oval hast und einen Straßenkurs hineinbaust. Der Kurs innerhalb des Ovals ist eine Micky-Maus-Strecke“, sagt der 72-Jährige. Das zweite Problem war der Skandal 2005. Damals gingen wegen Reifenproblemen bei Michelin nur sechs Autos an den Start. „Damit war die Formel 1 endgültig unten durch“, sagt Andretti.

In Austin sei jetzt alles besser. „Es geht rauf und runter, wir Rennfahrer lieben das. Und die erste Kurve ist der Hammer: Erst geht es steil bergauf, dann wird es teuflisch eng.“ Sebastian Vettel nennt den Kurs eine „große Herausforderung“. Der Engländer Jenson Button vergleicht die Strecke mit den Kursen in Silverstone und Suzuka. „Eine Old-School-Strecke mit schnellen Richtungswechseln. Man kann das Auto ans Limit bringen.“ Vor allem die Kurvenkombinationen im ersten Sektor haben es vielen Piloten angetan. „Da kann man attackieren“, sagt Nico Rosberg.

Die Begeisterung teilt auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone: „Ich habe mir für die Rückkehr in die USA eine tolle Strecke mit modernen Einrichtungen gewünscht und genau das bekommen.“ Ecclestone geht sogar noch einen Schritt weiter, er wünscht sich eine Expansion der Formel 1 in den USA: „Amerika kann wohl ohne die Formel 1 auskommen, und die Formel 1 kann wohl auch ohne Amerika auskommen“, sagt Ecclestone. „Aber es ist gut, dass wir hier sind. Wir bräuchten zehn Rennen wie in Europa; es gibt viele Einwohner, die Größe ist ähnlich.“

Als zweites Rennen in den USA ist ab 2014 ein Grand Prix in New Jersey geplant. Ursprünglich schon für 2013 vorgesehen, soll das Rennen in Sichtweite der Skyline von New York ein Highlight werden. Für die ferne Zukunft ist sogar ein Grand Prix in Südkalifornien geplant.

Zumindest eines scheint die Formel 1 gelernt zu haben: Die Erfolgschancen sind größer, wenn man in junge, internationale Städte und Regionen der USA geht – auch Austin gehört ja dazu. Die Stadt ist stolz darauf, ganz anders zu sein als der Rest von Texas. Vielleicht lernen dann auch die US-Zollbeamten, wer oder was Formel-1-Fahrer sind – und dass man ihnen nicht mit jenem Misstrauen begegnen muss, das der Australier Daniel Ricciardo bei seiner Einreise zu spüren bekam: „Die haben mich regelrecht verhört. Grand-Prix-Fahrer, so, so. Wer mich denn bezahle, was ich wo verdiene“, sagt Ricciardo. Nicht nur die Strecke ist eben ziemlich Old School.

Zur Startseite