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Warten auf die Entscheidung. Sebastian Vettel (links) wurde beim Großen Preis der USA nur Zweiter hinter Lewis Hamilton.

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Update

Vettel wird Zweiter in den USA: Ferrari trickst und wahrt so die Chance auf den Formel 1-Titel

Der große Showdown von Texas ist ausgeblieben. Sebastian Vettel verpasst als Zweiter in den USA den vorzeitigen Titelgewinn. Die Entscheidung fällt kommenden Sonntag in Brasilien. Von sich reden machte Ferrari - mit einem taktischen Manöver, das viele als unfair kritisierten.

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Sebastian Vettel stand auf dem Podest und lächelte ein bisschen gequält. Es war nicht nur die texanische Hitze, die ihm bei seiner Fahrt in Austin fast zwei Stunden lang zu schaffen gemacht hatte. Es war vor allem der Tatsache geschuldet, dass er den vor dem Rennen greifbar nahen Triumph nicht eingefahren hatte. Statt des Sieges und des möglichen dritten Titelgewinns in Folge musste er sich wie die Menschen beim Public Viewing in seiner Heimatstadt Heppenheim über kleinere Dinge freuen. Über die Konstrukteurs-WM, die sein Team Red Bull nun gewonnen hat. Über sein Jubiläum, sein 100. Rennen, in dem er Zweiter geworden war. Nur Zweiter hinter dem McLaren-Piloten Lewis Hamilton und vor seinem großen WM-Rivalen Fernando Alonso im Ferrari. „Es ist ein bisschen schade, dass es nicht ganz gereicht hat“, sagte Vettel, der bis zur 42. Runde geführt hatte. „Lewis hatte eine Chance, und die hat er genutzt.“ Sehr zur Freude von Fernando Alonso, der so sein Ziel erreichte und die WM-Entscheidung bis zum letzten Rennen in Sao Paulo am Wochenende vertagte.

Der erste Grand Prix auf der neuen Strecke in den USA war quasi die Umkehrung des vergangenen Rennens in Abu Dhabi, in dem Vettel eine grandiose Aufholjagd gezeigt hatte. Diesmal startete er von ganz vorn und Alonso von weit hinten. Nun, genau genommen nicht von ganz so weit hinten, wie es eigentlich hätte sein müssen. Denn dass Alonso seine WM-Chance wahrte, lag auch in einem durchaus kontroversen Manöver vor dem Start begründet. Sein Team Ferrari zog die Karte einer taktischen Bestrafung. Bei Alonsos Teamkollegen Felipe Massa wurde ein eigentlich unnötiger Getriebewechsel angemeldet, der dem Regelwerk entsprechend fünf Startplätze kostet. „Ich will hier gar nicht herumlügen und irgendwelche Geschichten erzählen: Es war ein taktisches Manöver, um Fernando in eine bessere Ausgangsposition zu bringen“, gestand Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali offen ein. „Jeder in unserer Position hätte das Gleiche gemacht. Ich bin froh, dass Felipe das verstanden hat.“

So wurde Massa vom sechsten auf den elften Startplatz zurückversetzt und Alonso rückte vom achten auf den siebten Rang vor. Noch viel wichtiger war, dass Alonso damit von der staubigen linken Startseite auf die bessere rechte wechseln konnte. Das machte sich beim Start bezahlt, als der Spanier auf den vierten Platz vorstürmte. Als Vettels Teamkollege Mark Webber wegen einer defekten Lichtmaschine aufgeben musste, rückte der Ferrari-Pilot gar auf den dritten Rang vor.

Vorn lieferten sich Vettel und Hamilton einen Zweikampf über das ganze Rennen. Die Entscheidung fiel in der 42. Runde, als sich der Brite am Deutschen vorbeikämpfte. Vettel ärgerte sich später über den überrundeten HRT-Piloten Narain Karthikeyan, der ihm in der Situation in die Quere gekommen war: „Fakt ist, dass wir nicht gewonnen haben. Fakt ist, dass er sehr viel dazu beigetragen hat.“ Eine Gerade später habe Hamilton „dann relativ entspannt mit Arm draußen an mir vorbeifahren können“. Auch Red Bulls Sportkoordinator Helmut Marko schimpfte: „Wir haben verloren, weil beim Überrunden einer im Weg war. Dadurch schloss Hamilton in einer kritischen Phase auf. Es ist einfach ärgerlich, immer dasselbe, dass wer nicht aufpasst.“ Vettel blieb zwar am McLaren dran, doch entscheidend zurückschlagen konnte er nicht mehr.

Nun muss die WM-Entscheidung am Sonntag in Brasilien fallen. Vettel hat vor dem Saisonfinale 13 Punkte Vorsprung, bei einem Sieg Alonsos würde ihm der vierte Platz zum Titelgewinn reichen. Keine schlechte Ausgangsposition, und nach der ersten Enttäuschung verbreitete Vettel auch gleich wieder Optimismus: „Ich bin zuversichtlich für Brasilien. Die Strecke hat uns immer gelegen.“

Im Rennen hinter dem WM-Kampf gab es aus deutscher Sicht nicht viel Grund zur Freude. Nico Hülkenberg holte als Achter nach einem harten Kampf bis zum Schluss mit den beiden Williams-Piloten Pastor Maldonado und Bruno Senna wieder einmal vier Punkte. Für Mercedes gab es dagegen erneut ein Debakel: Michael Schumacher, als Fünfter gestartet, wurde mit Reifenproblemen gnadenlos durchgereicht und am Ende nach zwei Boxenstopps nur 16. – das erste Mal in seiner Karriere überhaupt, dass der siebenmalige Weltmeister in sechs Rennen hintereinander ohne einen einzigen Punkt blieb. Sein Teamkollege Nico Rosberg kam auf Platz 13. Angesichts dieser Perspektiven muss Sieger Hamilton seinen Triumph wohl besonders genossen haben – auf ähnliche Erfolgserlebnisse darf er nächstes Jahr bei Mercedes wohl nicht so schnell hoffen.

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