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Sport: Fragwürdige Steigerung

Kein Gegentreffer in Wolfsburg: Der FC Bayern freut sich – dabei schoss der VfL nur dreimal aufs Tor

Von Karsten Doneck, dpa

Der Anfang war vielversprechend, das Ende ernüchternd. Kaum 60 Sekunden dauerte es, da hatte der FC Bayern München mit ein paar zügigen Kombinationen die zu diesem Zeitpunkt noch desorientierte Deckung des VfL Wolfsburg ausgehebelt, Paolo Guerrero drückte den Ball ins Tor. Bayerns Frühstart hatte nur einen Fehler: Guerrero stand im Abseits, sein Treffer galt nicht. Was in den 89 Minuten danach kam, war nicht der FC Bayern, den Gegner fürchten müssen. „Einstellung, Wille und auch die Konzentration waren da“, lobte zwar Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge die eigene Elf nach dem eher enttäuschenden 0:0 in Wolfsburg, doch die spielerische Leichtigkeit, mit der die Mannschaft ihre Gegner zumindest in der Bundesliga sonst zumeist beherrscht, scheint abhanden gekommen zu sein.

Wer weiß, wie sehr die Bayern auch die Diskussion um die sportliche Zukunft Michael Ballacks belasten. Manager Uli Hoeneß sagte am Sonntag noch einmal deutlich, dass sie sich längst mit seinem Wechsel abgefunden hätten. Am Samstagabend hatte José Mourinho, Trainer des FC Chelsea, im ZDF-Sportstudio großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit Ballack bekundet.

Das alles tut den Bayerm sicher nicht gut. Die größte Belastung ist jedoch das Ausscheiden aus der Champions League. „Die letzten Tage haben uns die Sicherheit gekostet“, gestand Bayerns Trainer Felix Magath ein. Die Niederlagen vor eigenem Publikum gegen den Hamburger SV (1:2) und in der Champions League beim AC Mailand (1:4) führen selbst in einem so vermeintlich festen Gefüge wie dem FC Bayern zu Störungen. Rummenigge sieht sich bemüßigt, das in der Öffentlichkeit gepflegte Bild der ewig erfolgreichen Bayern zumindest ein wenig zu relativieren. „Wenn der FC Bayern zweimal hintereinander verliert – das ist man von uns doch gar nicht mehr gewohnt“, sagte er.

Der FC Bayern hat in der Volkswagen-Arena eine Menge Aufwand betrieben. Läuferisch und kämpferisch. Aber bei allem Bemühen fehlte die Ballsicherheit, die taktische Klugheit, der Spielwitz und der unbändige Tordrang – einfach ein Tick Kreativität. Die Bayern in Wolfsburg, das waren diesmal nur verbissen arbeitende Profis, nicht die mit dem Gegner spielenden. Da war Eifer zu spüren, aber auch eine Menge Verkrampfung. Magaths freiwilliger Verzicht auf Spieler wie Makaay, Deisler, Lizarazu oder Ze Roberto erweist sich zumindest dann als fragwürdig, wenn die dafür aufgebotenen Spieler auch keine Besserung bringen. „Einen Fortschritt“, sah Magath in Wolfsburg, und unterstrich diese Aussage mit Worten, bei denen man erst überlegen musste, ob sie nun ernst oder sarkastisch gemeint waren. „Wir haben in Mailand vier Gegentore kassiert, daheim gegen den HSV zwei – und diesmal in Wolfsburg keins“, sagte der Münchner Trainer.

Eine äußerst fragwürdige Steigerung, denn die Wolfsburger waren offenbar gar nicht aufs Toreschießen, sondern allein aufs Toreverhindern aus. Die Statistik verriet: Nur drei Schüsse Richtung Tor schafften die Wolfsburger in 90 Minuten, alle gingen vorbei, Bayern-Torwart Oliver Kahn musste nicht einen einzigen schweren Ball halten. „Gegen die Bayern nicht zu verlieren, das ist doch nicht schlecht“, sagte VfL-Stürmer Rick Hoogendorp und drückte die genügsame Mentalität der Wolfsburger treffend aus.

„Wir haben in Mailand schlecht gespielt, das müssen wir jetzt wieder richtig stellen“, sagte Magath nach dem Spiel beim VfL. Gelungen ist das in Wolfsburg nicht. Ein Spiel dürfte den Münchnern dafür ohnehin nicht ausreichen.

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