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Nur im Training am Ball: Franca bestritt noch kein Spiel für Hannover.

© dpa

Franca bei Hannover 96: Schwindsucht im fremden Land

Auch Hannovers Präsident Martin Kind lässt sich nach der Tuberkulose-Erkrankung des brasilianischen Neueinkaufs Franca Blut abnehmen. Jetzt wird vor allem nach der Infektionsquelle gesucht.

Die ganz große Aufregung ist bei Hannover 96 verflogen. Seit der Fußballprofi Franca Ende Februar an Tuberkulose erkrankt war, wurden Spieler und Angestellte des Bundesligisten umgehend aufgeklärt über die in seltenen Fällen auch tödliche Krankheit. Nun hat das Gesundheitsamt der Region Hannover die Ermittlungen aufgenommen, um eine Verbreitung der ansteckenden Infektionskrankheit zu verhindern.

Personen, die mit dem 21-jährigen Brasilianer seit seinem Wechsel in der vergangenen Winterpause nach Deutschland mindestens acht Stunden gemeinsam verbracht haben, sollen ausfindig gemacht und bis Ende April einem Bluttest unterzogen werden. Von einer großflächigen Ansteckung innerhalb der Mannschaft gehen die Beamten allerdings nicht aus. Auch „die Infektionsquelle ist mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht im Umfeld der Mannschaft und auch nicht in Hannover zu suchen“, sagte Helga Heykes-Uden, Leiterin der Tuberkulose-Beratungsstelle in Hannover, sondern in Brasilien.

Martin Kind wird sich wie fast alle anderen Mitarbeiter des Vereins in diesen Tagen Blut abnehmen lassen. Der 96-Präsident sei Franca zwar nur einmal begegnet und habe lediglich fünf Minuten mit ihm geredet, doch „was sein muss, muss sein“. Kind hält eine Infizierung seinerseits aber für nahezu ausgeschlossen, er sei sehr resistent, so der Geschäftsmann.

Franca wurde sofort unter Quarantäne gestellt und wird seither auf einer Spezialstation in einem Krankenhaus in Hannover behandelt. Die Familie des Brasilianers, der mehrere Monate ausfallen wird, befindet sich nicht in Deutschland. „Und gerade das macht ihm sehr zu schaffen“, sagt Martin Kind, „Fremdes Land, kleines Zimmer – der Spieler ist sehr einsam.“ Doch der Verein unternehme alles, um ihn zu unterstützen. Einer seiner Berater, der sowohl Deutsch als auch Portugiesisch spreche, sei „rund um die Uhr bei ihm“.

Für die Mannschaft von Trainer Mirko Slomka sei dagegen schnell wieder der Alltag eingekehrt, sagt Kind: „Die Spieler beschäftigen sich nicht mit dem Thema.“ Es ginge jetzt allein um die Genesung von Franca, warum solle sich da jeder Einzelne zusätzlich verrückt machen und die sportlichen Ziele unnötig gefährden.

Die Tuberkulose (Schwindsucht) ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit, die durch Bakterien verursacht wird und am häufigsten die Lunge befällt. „Die Therapie ist die Gabe von Antibiotika. Die Übertragung erfolgt über die Luft. Durch Husten, Niesen oder auch beim Sprechen entsteht ein infektiöses Aerosol, wobei die Erreger stundenlang, manchmal bis zu zwei Tage, in der Luft verbleiben können“, sagt der Sportmediziner Thorsten Dolla. Bei zu später Diagnosestellung können schwere Schäden an Lunge und anderen Organen auftreten. 2010 registrierte das Robert-Koch-Institut in Deutschland 4330 Tuberkulose-Erkrankungen. 136 Menschen starben an Tuberkulose.

Auch Fußballprofi Marco Engelhardt war 2010 an Tuberkulose erkrankt. Bei einer routinemäßigen Röntgenuntersuchung sei plötzlich ein dunkler Fleck auf seiner Lunge erkennbar gewesen. „Es traf mich aus heiterem Himmel“, so Engelhardt heute. Zwei Monate lang musste der ehemalige Nationalspieler stark dosierte Medikamente einnehmen, dann war die Leidenszeit überstanden und er konnte seine Karriere fortsetzen. Nichts anderes wünscht sich Martin Kind für seinen Spieler auch.

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