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Sport: Franz Reindl im Interview: Nur noch den Kopf geschüttelt

Franz Reindl (46) ist seit 1992 Sportdirektor beim Deutschen Eishockey-Bund. Bei der am Sonnabend in Deutschland beginnenden Eishockey-WM ist Reindl als Generalsekretär der mächtigste Mann des Organisationskomitees.

Franz Reindl (46) ist seit 1992 Sportdirektor beim Deutschen Eishockey-Bund. Bei der am Sonnabend in Deutschland beginnenden Eishockey-WM ist Reindl als Generalsekretär der mächtigste Mann des Organisationskomitees. Als Spieler kam der gebürtige Garmisch-Partenkirchener auf 181 Länderspiele. 1976 gewann er bei den Olympischen Winterspielen von Innsbruck die Bronzemedaille.

Herr Reindl, welches war das letzte Spiel der Nationalmannschaft, das nicht nur eingefleischte Eishockey-Fans interessiert hat?

Das war im Februar in Oslo bei der Olympia-Qualifikation der deutschen Mannschaft. Nach dem Sieg gegen Norwegen haben mich so viele Leute auf die Nationalmannschaft angesprochen wie lange nicht mehr.

Ein Spiel, das nur von einem Spartensender übertragen wurde. Früher gab es Länderspiele, für die wurde die Tagesschau verschoben.

Das stimmt, in der Vergangenheit war das Interesse am Eishockey größer. Noch bei den Olympischen Spielen 1992. Das unglückliche Scheitern nach Penaltyschießen gegen Kanada beim Viertelfinale war in Deutschland das Gesprächsthema. Das ist beinahe schon legendär.

Sie selbst waren zu einer Zeit aktiv und haben mit dem damaligen Nationaltrainer Ludek Bukac hinter der Bande gestanden, als für die Deutschen ein Platz unter den ersten acht der Welt noch eine Selbstverständlichkeit war. Kommen da nicht nostalgische Gefühle auf vor einer WM im eigenen Lande, wo der Gastgeber wohl nur eine Nebenrolle bekommt?

Nein, da ist keine Nostalgie. Die Zeiten haben sich geändert. Nach dem Zerfall des Ostblocks gibt es viel mehr Nationen als früher, die gutes Eishockey spielen. Sicher, in Deutschland ging es mit dem Abstieg aus der A-Gruppe 1998 bergab. Da wurden viele Fehler gemacht. Aber nun geht es wieder aufwärts. Im Vorjahr der Aufstieg in die A-Gruppe, dann die Qualifikation für Olympia und, was mich fast noch mehr freut, vor wenigen Tagen ein hervorragender fünfter Platz der U-18-Nationalmannschaft bei der Junioren-WM in Finnland. Da kommt etwas nach an jungen Spielern. Wir haben wieder eine Perspektive.

Es könnte die Eishockey-WM der Zuschauerrekorde werden. In Köln, Hannover und Nürnberg wird in modernen Großarenen gespielt. Bereits jetzt sind viele Partien ausverkauft, über 210 000 Eintrittskarten abgesetzt. Mit wie vielen Besuchern rechnen sie?

Wir könnten für alle 56 Spiele insgesamt 650 000 Karten absetzen. Aber ich bin Realist. 240 000 Zuschauer ist die Marke, die wir anstreben und brauchen, um die WM zu finanzieren.

Volle Stadien, aber wenig Zuschauer vor dem Fernseher: Die Schweizer Sportrechteagentur CWL, die vom internationalen Eishockey-Verband beauftragt wurde, hat die Übertragungsrechte an den Pay-TV-Sender Premiere vergeben. Besteht da nicht die Gefahr, dass die WM an der breiten Öffentlichkeit vorbeiläuft?

Ehrlich gesagt, die Befürchtung hatte ich auch. Aber das nun beschlossene Konzept sieht vor, dass die drei Vorrundenspiele der Deutschen live auf Sat 1 laufen. Auf Sat 1 und DSF gibt es Highlights aller Spiele. Das hilft dem Eishockey mehr als eine Liveübertragung von Italien gegen Norwegen.

Wird die WM dem deutschen Eishockey, sonst oft ein nur zuverlässiger Garant für Negativmeldungen, einen Schub verpassen?

Ich denke schon. Seit ein paar Wochen ist die WM ein Thema, ein positives wohlgemerkt. Alles fragt sich, welche Stars nach Deutschland kommen. Da gibt es ein großes Interesse. Viele Leute haben doch seit ein paar Jahren schon den Kopf geschüttelt, wenn sie nur die ersten drei Buchstaben des Wortes Eishockey gesehen haben.

Daran ist die Deutsche Eishockey-Liga nicht unschuldig. Finanzskandale, Umzüge von Klubs von einer Stadt in die andere. Dazu immer mal wieder Änderungen beim Modus, ständige Diskussionen bei der Frage von Auf- und Abstieg. Beim DEB sind die Kassen auch nicht gerade gut gefüllt. Lebt es sich nicht schwer im Schatten der DEL?

Überhaupt nicht, wir haben unsere Aufgaben, kümmern uns um die Ligen unterhalb der DEL und den Nachwuchs. Die Kooperation mit der DEL klappt besser als vor ein paar Jahren. Außerdem finde ich, dass man als Verband nicht im Mittelpunkt stehen muss. Wir bleiben gern im Hintergrund. Im Gegensatz zur DEL wird bei uns noch viel ehrenamtlich erledigt, da sind die Leute mit dem Herzen bei der Sache.

Wo landet denn Ihrer Meinung nach die deutsche Mannschaft bei der WM?

Wir sind als Aufsteiger nur Außenseiter, treten als Nummer 16 in der Welt an. Alles andere als die Abstiegsrunde wäre eine Überraschung. Aber der Klassenerhalt ist zu schaffen, davon bin ich überzeugt.

Herr Reindl[welches war das letzte Spiel der Nati]

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