zum Hauptinhalt
Bayern-Star Franck Ribery ist von großem Wert für die französische Nationalmannschaft.

© Reuters

EM-Kolumne Europareise (8): Frankreich: Hinten liegen die Probleme

Im zweiten Vorrundenspiel trifft Frankreich heute auf die Ukraine, den EM-Co-Gastgeber. Ein Sieg gilt für "Les Bleus" als Pflicht. Gastautor Lucien Favre sieht im hochkarätigen Kader der Franzosen allerdings Schwachstellen.

Ach, die Franzosen ... Als Romand habe ich ein ganz besonderes Verhältnis zu ihnen und ihrem Fußball. Und auf die Nationalmannschaft habe ich mich bei dieser Europameisterschaft sehr gefreut. Dazu stehe ich auch heute noch, obwohl das Auftaktspiel gegen England für viele vielleicht ein wenig enttäuschend war. Warum das so ist, war gegen England deutlich zu sehen.

Taktisch gesehen spielen die Franzosen für mich ein 4-3-3, denn Alou Diarra interpretiert seine Rolle eher als Mittelfeldspieler denn als Verteidiger. Die große Stärke dieser Mannschaft ist ihr Offensivpotenzial. Karim Benzema ist ein fantastischer Stürmer. Franck Ribéry auf dem linken Flügel – ebenfalls eine großartige Besetzung. Auch Samir Nasri ist ein hervorragender Fußballspieler, bei seinem Tor gegen England hat man gesehen, welche Qualitäten er im Spiel eins gegen eins hat. Allerdings ist er in der Zentrale sehr viel besser aufgehoben als auf der linken Seite. Da muss er Abstriche machen und sich in das System von Laurent Blanc fügen.

Das Spiel Frankreich gegen England in Bildern:

Frankreich ist unter Blanc nun seit 22 Spielen ungeschlagen. Aber auch er muss als Trainer mit den Spielern auskommen, die er zur Verfügung hat. Und da fehlt wahrscheinlich noch eine Kleinigkeit zum ganz großen Wurf. Fangen wir mit dem kleineren Problem an: Es kommt einfach zu wenig aus dem Mittelfeld. Yohan Cabaye hat das gegen England noch am besten gemacht. Aber von Diarra und vor allem von Florent Malouda geht einfach nicht genug Schwung aus. Ohne angemessene Unterstützung sind Ribéry, Benzema und Nasri ganz allein auf ihre individuellen Fähigkeiten angewiesen. Das kann gut gehen, muss aber nicht. Gegen England hat man gesehen, dass auf den letzten 25 Metern vor dem Tor die Wucht, die Explosivität fehlte. Und das hat Gründe, die noch weiter hinten liegen.

Und damit komme ich zum eigentlichen Problem. Ich fürchte, mit dieser Abwehr werden die Franzosen noch ihre Schwierigkeiten bekommen. Rechts ist Mathieu Debuchy noch ganz ordentlich, auch Philippe Mexes hat sich innen stabilisiert. Aber neben ihm fällt Adil Rami schon stark ab. Und auf der linken Seite sind die taktischen Schwächen von Patrice Evra nicht zu übersehen.

Da reicht es nicht, dass die Franzosen mit Hugo Lloris einen herausragenden Torwart haben. Vielleicht schaffen sie es so bis ins Halbfinale, aber im Endspiel sehe ich sie nicht. Aber wer weiß, vielleicht belehren sie mich schon heute gegen die Ukraine eines Besseren.

Für die Tagesspiegel-EM-Beilage "11 Freunde" kommentieren Lucien Favre, Philipp Köster, Jens Mühling, Marcel Reif und Moritz Rinke im Wechsel die EM. Alle Kolumnen finden Sie hier.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false