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Begehrter Schriftzug. Nadine Angerer durfte nach dem Training noch länger Autogramme schreiben.

©  Reuters

Frauen-Nationalmannschaft: Erstes Training: "Gar nicht schlecht, wa?"

Als Birgit Prinz zu Boden geht, raunt das Publikum leise. Rund 1000 Zuschauer begutachten die deutsche Frauen-Nationalmannschaft beim ersten Training in Berlin.

Berlin - Das begehrteste Objekt ist ein DinA4-Mannschaftsposter. So bekannt sind die deutschen Nationalspielerinnen dann doch noch nicht, die Entfernung von der Tribüne zur anderen Seite des Rasens ist groß, die Gesichter kaum zu erkennen. Also verteilt eine DFB-Mitarbeiterin stapelweise Nachhilfematerial an die Zuschauer, die zum ersten Training der Frauenfußball-Nationalmannschaft in Berlin gekommen sind. „Bernd, bring noch ein paar von den Dingern mit“, ruft einer der vielen Fotografen seinem Kollegen zu „Am besten gleich zehn.“

Die Haupttribüne des Amateurstadions von Herthas BSC ist sehr gut besetzt, etliche Kamerateams und rund 1000 Zuschauer sind gekommen – deutlich mehr als zu einem durchschnittlichen Spiel der Frauen-Bundesliga. Die deutsche Team-Managerin Doris Fitschen macht mit ihrem Handy ein Foto von der bunten Mischung aus Rentnern und Familien, Männern und Frauen, die sehen wollen, was sich Bundestrainerin Silvia Neid für ihre Spielerinnen ausgedacht hat. Die Schwalben, die in der Dachkonstruktion des kleinen Stadions nisten, flattern aufgeschreckt umher, so viel Aufregung sind sie nicht gewohnt. Hinter der Gegengeraden, kurz vor dem Glockenturm, rangieren Baumaschinen, die am Olympiastadion die letzten Umbauarbeiten für das einzige Berliner WM-Spiel verrichten.

Die Nationalmannschaft fällt in einen lockeren Trab, die Menge dankt es ihr mit einem ersten Applaus. Nach dem Aufwärmen geht es im Fünf-gegen-Fünf auf einem Teil des Spielfelds um viel Bewegung und kurze Sprints, die Bundestrainerin hatte angekündigt, in den letzten Tagen vor dem Auftaktspiel an der Schnelligkeit der Spielerinnen feilen zu wollen. „Gar nicht schlecht, wa?“, sagt ein Vater zu seinem etwa sechsjährigen Sohn, als Alexandra Popp einen Schuss ins Tornetz knallt. „Da is’ ganz schön Zug drin.“ Während des ganzen Trainings zieht der Vater immer wieder scharf die Luft ein, wenn eine Ballannahme misslingt oder ein Pass abgefangen wird. Als Brigit Prinz nach einem Foul zu Boden geht und nicht sofort wieder aufsteht, geht ein leises Raunen über die Ränge. Die meisten Zuschauer sind in zivil erschienen, erst wenige haben ihre schwarzrotgoldene WM-Ausgeh-Uniform angelegt.

Jedes Tor, jede Parade, jeder beherzte Zweikampf wird beklatscht. Allerdings sind nicht alle Anwesenden vollständig von den Darbietungen der deutschen Spielerinnen begeistert. Ein Mann mit dem „Kicker“-Frauen-WM-Sonderheft auf dem Schoß weist seine Frau in regelmäßigen Abständen auf Fatmire Bajramaj hin. Ein Schuss, der vorbeigeht: „Im Abschluss hat sie echt Schwächen.“ Ein verlorener Zweikampf: „So leicht kommt man an der vorbei.“ Bajramaj bleibt nach einem Zusammenprall liegen: „Is’ nur Show.“

Einem Fernsehteam der ARD ist die Stimmung nicht euphorisch genug: Während ihr Kameramann filmt, animiert die Reporterin eine Zuschauergruppe zu Schalala-Gesängen und lässt ein dünnes „Finale, oho“ anstimmen. Lauter wird es noch einmal, als das Training nach einer guten Stunde beendet ist und die Spielerinnen zum Autogrammeschreiben und Fotografiertwerden herüberschlendern. Melanie Behringer hat ihre Schuhe ausgezogen und schlendert über den Rasen, eine Vuvuzela röhrt ihr entgegen. „Weltmeister, Weltmeister“ ruft jemand im Publikum.

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