zum Hauptinhalt

Sport: Frauenfußball-EM: Drohender Ausverkauf

Eine Stunde nach Spielende hatte Steffi Jones immer noch keinen Fuß in die Umkleidekabine gesetzt. Die Fans hatten der Abwehrspielerin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft keine Chance gelassen nach dem 1:0-Sieg im Europameisterschafts-Finale gegen Schweden, bei dem Claudia Müller das Golden Goal erzielt hatte.

Eine Stunde nach Spielende hatte Steffi Jones immer noch keinen Fuß in die Umkleidekabine gesetzt. Die Fans hatten der Abwehrspielerin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft keine Chance gelassen nach dem 1:0-Sieg im Europameisterschafts-Finale gegen Schweden, bei dem Claudia Müller das Golden Goal erzielt hatte. "Ich habe die ganze Zeit Autogramme geschrieben", sagte die Frankfurterin, als sie zur Pressekonferenz kam, "das Publikum war fantastisch."

Beim Warmmachen im strömenden Regen hatte Abwehrchefin Doris Fitschen staunend festgestellt: "Es ist kein tolles Wetter, und trotzdem tanzen die Leute, obwohl wir noch gar nicht spielen." Als sie dann spielten, waren die Fans streckenweise erstaunlich ruhig für ein EM-Finale. Die Deutschen boten gegen die starken Schwedinnen bis zur Pause nur Stückwerk, nichts war zu sehen von dem begeisternden Kombinationsfußball der Vorrunde. Die Zuschauer reagierten vereinzelt mit Pfiffen, ehe die Mannschaft wieder, wie während der gesamten EM, von einer Woge der Begeisterung getragen wurde. Rund 90 000 Zuschauer kamen in die Stadien, bei der letzten Endrunde 1997 in Norwegen und Schweden waren es nur 36 000.

Doch die Pfiffe sind ein Zeichen dafür, wie anspruchsvoll einige Zuschauer mittlerweile sind und wie schwer es sein wird, die Euphorie in die Bundesliga hinüberzuretten. Dort wird auch viel mittelmäßiges Gekicke geboten, das sich im Schnitt bislang 300 Zuschauer ansahen. Ein neuer Anreiz soll der Uefa-Cup sein, an dem 33 europäische Landesmeister teilnehmen. Eines der für Runde eins geplanten Viererturniere wird der Deutsche Meister 1. FFC Frankfurt ausrichten. Gegner sind die Meister aus Spanien, Armenien und Moldawien oder Slowenien.

Um die Bundesliga attraktiver zu machen, haben die Vereine mit dem DFB und der Führungsakademie Berlin des Deutschen Sportbundes ein Konzept zur weiteren Professionalisierung entwickelt. Ein Ligasponsor soll gefunden werden, "wir müssen uns als Firma mit zwölf Filialen darstellen, die alle das gleiche Angebot haben", sagt Ligasprecher Siegfried Dietrich. Es müssten überall gleiche Bedingungen herrschen, zu denen "keine Wald- und Wiesenplätze", sondern fernsehgerechte Stadien gehören sollen.

Und Galionsfiguren, vornehmlich die Nationalspielerinnen also. Und gerade sie drohen der Bundesliga verloren zu gehen. Die US-Profiliga lockt, schon vor der EM hatten unter anderem Birgit Prinz, Ariane Hingst, Kerstin Stegemann und Sandra Minnert Angebote aus Amerika. Nach dem Titelgewinn dürften die Amerikaner hinter der halben Mannschaft her sein. So hat auch Renate Lingor angekündigt, "wenn ich ein Angebot bekomme, gehe ich".

Von den derzeit drei USA-Profis im DFB-Team haben zwei ihre internationale Karriere beendet: Doris Fitschen und Maren Meinert. Bettina Wiegmann ist noch unentschlossen. Fitschen wird künftig vielleicht im Management des DFB arbeiten. "Sie war die absolute Führungspersönlichkeit", sagt Bundestrainerin Tina Theune-Meyer, die in der Qualifikation für die WM 2003 in China mehr junge Spielerinnen ins Team einbauen will. Wie Petra Wimbersky (18) und Navina Omilade (19). Omilade wird von Norbert Pflippen beraten und trat als 15-Jährige in der Puma-Werbung mit Lothar Matthäus auf. Als sie gegen Russland eingewechselt wurde, stand auf der Anzeigetafel Omilada statt Omilade. Bei Wimberskys Tor meldete der Stadionsprecher zunächst Wiegmann als Torschützin. Noch sind die beiden relativ unbekannt. Aber das kann ja noch werden.

Helen Ruwald

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false