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Frauenfußball: Zwei Wege, ein Ziel

Champions League mit Männern, DFB-Pokal ohne Männer: Wie der Frauenfußball gestärkt werden soll.

Berlin - Ein bisschen träumen musste erlaubt sein. Turbine Potsdam war plötzlich doch noch Deutscher Meister geworden und qualifizierte sich mit dem Titelgewinn am letzten Spieltag für die neue Champions League. Potsdams Nationalspielerin Jenifer Zietz konnte damals ihre Faszination nicht verbergen. Erstmals werden 2010 die Finals der Männer und Frauen binnen drei Tagen in einer Stadt stattfinden, in Madrid. Und so erlaubte Zietz sich ein paar Gedanken ans Endspiel im Bernabeu-Stadion, da „wo schon Zidane gespielt hat und andere Fußballgrößen“. Ganz so wird es aber doch nicht sein. Die Frauen in ein Stadion zu schicken, in dem 80 000 Zuschauer Platz finden, das wagt die Uefa dann doch nicht. Zehntausende Schlachtenbummler, die ihrem Klub hinterherfliegen, sind trotz des Frauenfußball-Booms eine Vision für sehr ferne Zeiten. Die Frauen werden ihr Champions-League-Finale deshalb am 20. Mai 2010 im Coliseum Alfonso Pérez in Madrids Vorort Getafe austragen – vor maximal 17 000 Fans. Zwei Tage später spielen die Männer im Bernabeu-Stadion. Ein Stadion wie in Getafe „ist für den ersten Versuch eine gute Wahl“, sagt DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg, wenn das Konzept angenommen werde, „kann man es ausbauen“.

Zunächst hatte sie Bedenken, das Endspiel auszurichten, ohne dass ein örtlicher Verein involviert ist, „aber man kann ja nicht alles ablehnen, ohne es ausprobiert zu haben.“ Uefa-Präsident Michel Platini plant rund um die Finalseine ganze Fußballwoche mit zahlreichen Aktionen. Und da soll eben auch der Frauenfußball einbezogen und gefördert werden – auf ganz andere Weise als in Deutschland, wo das DFB-Pokalfinale künftig gerade nicht mehr mit dem der Männer gekoppelt wird. Nur der Spieltag wird der gleiche sein: Am 15. Mai 2010 werden die Frauen in Köln ihr Finale bestreiten und die Männer in Berlin.

Zwei gegensätzliche Wege sollen also zu einem Ziel führen: der Stärkung des Frauenfußballs. Während Turbine-Trainer Bernd Schröder dem alten Finalort Berlin schon wegen der Nähe zu Potsdam hinterhertrauert, sieht er die Neuerungen im internationalen Bereich positiv. Aus dem bisherigen Uefa-Cup wird die Champions League, ein Endspiel ersetzt Hin- und Rückspiel. „Schon vom Namen her ist die Champions League etwas anderes. Das ist eine Plattform, auf der man sich zeigen kann. Ich bin froh, dass die Uefa ein Zeichen setzt“, sagt Schröder, dessen Team heute im Erstrunden-Rückspiel die finnische Mannschaft FC Honka Espoo empfängt (19 Uhr, Karl-Liebknecht-Stadion). Nach dem 8:1-Sieg im Hinspiel steht Potsdam ebenso quasi bereits im Achtelfinale wie der deutsche Vizemeister FC Bayern München (5:0 gegen Szombathely) und Uefa-Cup-Sieger FCR Duisburg (5:1 gegen Witebsk).

Das Erreichen des Finales in Getafe ist ein Traum, das des DFB-Pokalfinals ein Ziel. Potsdam blamierte sich zwar im Mai bei der 0:7-Niederlage im Finale gegen Duisburg, feierte aber bei den Siegen 2004, 2005 und 2006 einige der größten Erfolge der Vereinsgeschichte im Olympiastadion. Dass viele Plätze leer blieben und wenig Stimmung aufkam, störte die Potsdamerinnen nicht. Andere schon. 25 Jahre lang fanden Männer- und Frauenfinals gemeinsam in Berlin statt, „das Frauenspiel ist nicht so angenommen worden, wie erhofft“, sagt Hannelore Ratzeburg. Es gab nur gemeinsame Eintrittskarten für die Doppelveranstaltung, die Finalisten bei den Frauen erhielten jeweils 1500 Tickets, die meisten übigen Fans kamen erst später, wegen der Männer.

Das soll in Köln anders werden. Die Fußballerinnen des 1. FC Köln spielen in der Zweiten Liga, „im Einzugsgebiet gibt es viele Frauenteams“, sagt Ratzeburg, „die Zeit ist reif für ein eigenes Pokalfinale.“ 2010 tragen die weltbesten U-20-Teams ihre Titelkämpfe in Bochum, Augsburg, Dresden und Bielefeld aus, ein Jahr später will die Mannschaft von Bundestrainerin Silvia Neid im eignenen Land den WM-Titel verteidigen. Die Organisatoren wünschen sich 74 000 Zuschauer beim Eröffnungsspiel in Berlin. Ein Jahr vorher soll ein eigenständiges Finale das Profil des Frauenfußballs schärfen. Dass das Kölner Stadion, in dem 46 000 Zuschauer Platz finden werden, zu groß sein wird, ist nicht zu befürchten. Zum Uefa-Cup-Finale zwischen Duisburg und Perm pilgerten im Frühjahr 28 112 Fans. Wesentlich mehr, als im Coliseum Alfonso Pérez von Getafe überhaupt Platz finden.

Helen Ruwald

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