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Sport: Freiburg - Wolfsburg: Folklore auf dem Rasen

Auf dem Rasen des Dreisamstadions sah es ein bisschen aus wie im Tiergarten in Berlin, wenn sie an einem Sommertag ein buntes Fest feiern. Überall lagen die Spieler des SC Freiburg auf dem Rasen und blinzelten in die Sonne.

Auf dem Rasen des Dreisamstadions sah es ein bisschen aus wie im Tiergarten in Berlin, wenn sie an einem Sommertag ein buntes Fest feiern. Überall lagen die Spieler des SC Freiburg auf dem Rasen und blinzelten in die Sonne. Aus den Lautsprechern trällerte nach dem 4:1 über den VfL Wolfsburg Musik. Ein paar der Profis hatten einen Kreis gebildet und tanzten wie eine Folkloregruppe. Nur ein Grill mit Senffass und Freibier hat gefehlt. Weiße T-Shirts hatten die Helden des SC Freiburgs an. Darauf in Orange die Karte Europas. "Heute", sagte Manager Andreas Rettig und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Bierflasche , "feiern wir mit den Fans, bis die Anwohner die Polizei rufen". Auf den Rängen standen fast 25 000 Zuschauer auf den Sitzen, klatschten und sangen. "Wir sind stolz auf euch", stand auf einem Transparent, und "Europa wir kommen". Nach sechs Jahren hatte es Freiburg wieder in den Uefa-Cup geschafft, und um ein Haar wäre es sogar die Champions League geworden. "Aber wir trauern heute gar nichts nach, nicht mal der Champions League", sagte Rettig. Ganz Südbaden nahm ein Bad im Glück. Und Andreas Rettig war kaum zu bremsen, als er die Erfolge seiner Freiburger aufzählte. "Die Amateure stehen im Pokalfinale, die A-Jugend führt, die Frauen sind vorne", zählte er auf und seine Wangen schimmerten rötlich. "Eine tolle Saison, die die Mannschaft und der Trainer gespielt haben".

Seit dem 13. Spieltag ging es aufwärts. Freiburg siegte im Akkord und spielte zauberhaften Fußball. So wie gegen Wolfsburg. Tricks und Tore tischten die Spieler in den rot-schwarzen Trikots auf. Schon nach fünf Minuten feierte ein ganzes Stadion mit La Ola und Gesängen. Abder Ramdane traf per Kopf zum 1:0. "Und wir haben schnell gemerkt, dass wir hier nicht mal ein Unentschieden schaffen können", sagte Wolfsburgs Trainer Wolfgang Wolf. Teilweise ist seine Mannschaft richtig vorgeführt worden. Im Fanblock tauchte der Uefa-Pokal aus Pappe und Alufolie auf, noch bevor Levan Kobiashvili das 2:0 per Strafstoß schoss. Sie spielten wie es in der Bundesliga nur die Freiburger können. Mit Freude und Übermut. Das hat Wolfsburg vor einem Debakel bewahrt. 7:2, 8:3 - alles war drin. Dann aber gaben sich die Freiburger mit zwei Toren von Soumaila Coulibaly zufrieden. Wolfsburgs Torwart Claus Reitmaier hatte dabei Glück, dass ihn der Mann aus Mali mit seinen kernigen Schüssen nicht getroffen hat. Dennoch konnte der Stadionsprecher verkünden: "Darüber freut sich ganz Mali".

Anders als in Freiburg wird es dort nicht ausgesehen haben. Lange nach dem Spiel belagerten die SC-Fans die Kabine, begrüssten jeden einzelnen Profi, als käme er von einer bemannten Mondfahrt zurück. Trikots flogen in die Menge und allerlei andere Kleidungsstücke, die man sonst eher nicht her zeigt. "Ausziehen, ausziehen", hallte es aus der Menge. Teenager kreischten wie bei den Backstreet Boys. "Das war auch für die Zuschauer ein richtig schöner Abschluss", meinte Volker Finke. Auch den Trainer, der seit zehn Jahren hier arbeitet, feierten die Fans. "Jetzt werden wir alle Urlaub machen, und ich kann den Berg von meinem Schreibtisch abräumen", sagte Rettig. Und das Geld zählen. Sechs Millionen Mark zahlt der neue Sponsor "NaturEnergie" und ein paar Mark kommen durch den Uefa-Cup rein. Selbst, wenn sie wie letztes Mal 1995 in der ersten Runde (damals Slavia Prag) ausscheiden. Davor scheint Volker Finke diesmal keine Angst zu haben. "Die Mannschaft hat unheimlich konstant gespielt. Es läuft super", sagte Finke. Auf diese Stimmung wird er genau aufpassen. Keiner weiß wie er, wie "schnell aus Erfolg Misserfolg werden kann". Bis dahin aber feiern sie in Freiburg und auch Manager Andreas Rettig glaubte, dass keiner der Anwohner in dieser Nacht die Polizei rufen würde.

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