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Die künftige Nummer eins? Alexander Zverev spielt in diesem Jahr zum ersten Mal bei den Profis in Paris mit.

© dpa

French Open: Alexander Zverev: Die Zukunft braucht Geduld

Deutschlands größtes Tennis-Talent Alexander Zverev hat ein riesiges Potenzial. Bei den French Open in Paris könnte er es erstmals voll abrufen.

Vor etwa einem Jahr bestand Alexander Zverev den ultimativen Test. Da verbrachte der inzwischen 19-jährige Hamburger drei Tage beim großen Ivan Lendl in Bradenton, Florida. Sein Vater, Alexander Zverev senior, war selbst früher Tennisprofi, spielte 36 Mal für die UdSSR im Davis Cup und kennt Lendl gut. Auch Zverevs Fitnesstrainer Jaz Green hat Verbindung zu Lendl aus jener Zeit, als sie noch gemeinsam mit dem Weltranglistenzweiten Andy Murray arbeiteten. So ließ sich Lendl gerne von ihnen überzeugen, Alexander Zverev junior mal richtig auf Herz und Nieren zu prüfen. Seit Jahren gilt der 1,98 Meter große Schlaks als eines der größten Tennistalente weltweit. Doch seine Eltern wollten Gewissheit: Wie gut ist ihr Jüngster nun wirklich?

„Ihr habt da eine künftige Nummer eins", sagte Ivan Lendl

Und der heute 56-jährige Lendl war schon früher als Spieler ein harter Hund, man nannte ihn nicht umsonst „Ivan, den Schrecklichen“. 270 Wochen lang die Nummer eins der Welt, dazu acht Grand-Slam-Titel – seine Expertise hat Gewicht. Und von Lendl würde es sicherlich keine Kuschelnoten geben. Er schaute sich in den Trainingseinheiten Zverevs Schläge genau an, seine Athletik und sein taktisches Spiel auf dem Platz. „Macht euch keine Sorgen“, sagte Lendl schließlich, „ihr habt da eine künftige Nummer eins.“ Eines gefiel Lendl dabei besonders an diesem Youngster: Wie sehr es Zverev hasst, zu verlieren. Denn genau diese Eigenschaft treibt die Besten zu immer härterer Arbeit und am Ende zu den ganz großen Siegen an.

In Nizza stand Zverev zuletzt erstmals in einem Profi-Finale

Daher war Alexander Zverevs Laune dann am vergangenen Samstag auch dementsprechend mies, als er im Endspiel des Turniers in Nizza dem Österreicher Dominik Thiem mit 4:6, 6:3 und 0:6 unterlegen war. Zverev hatte es erstmals in ein Finale auf Tour-Level geschafft, und das war also eigentlich ein Grund, um stolz auf das Erreichte zu sein. So aber tickt der ehrgeizige Zverev nicht. „Wie soll ich auch eine Chance auf den Sieg haben, wenn ich nicht bei hundert Prozent bin?“, maulte er hinterher. Er kann mitunter schon ein wenig arrogant in seiner Art rüberkommen, denn er stellt eben immer sofort klar, wenn ihm eine Frage nicht gefällt. Aber das ist eher das Getöne eines Teenagers, der gerne erwachsen wirken möchte. Denn eigentlich hat ihn seine Familie ganz bodenständig erzogen. „Ich habe in dieser Woche zwölfeinhalb Stunden auf dem Platz verbracht“, fügte Zverev als Erklärung an, „da ist es doch klar, dass ich etwas müde bin.“ Und zudem ist der 22-jährige Thiem in dieser Sandplatzsaison einer der Spieler der Stunde und „gegen so einen muss ich in Bestform sein, um ihn zu schlagen“. Der Österreicher hatte Trost für ihn parat, er prophezeite Zverev, „deine Zeit wird bald kommen“.

Die Erwartungen sind hoch, die Entwicklung rasant

Doch Geduld zählt nicht zu Zverevs Stärken. Und auch hierzulande sehnt man sich einen Spieler herbei, der bei den Grand Slams endlich wieder für Furore sorgt. Am liebsten sofort, bei den French Open in Paris. Vor drei Jahren stand Zverev noch im Junioren-Endspiel, nun ist er in Roland Garros erstmals im Hauptfeld dabei. Damit wird er nun bei jedem der vier Grand Slams einmal gespielt haben. Dennoch sind die Erwartungen extrem hoch, weil seine Entwicklung so rasant ging.

Nach nur ein paar Monaten bei den „Erwachsenen“ spurtete er bereits mit 17 Jahren ins Halbfinale am Hamburger Rothenbaum, 2015 schaffte es Zverev erstmals unter die Top 100. Seit ein paar Wochen gehört er sogar zu den Besten 50 der Welt. Am Ende der letzten Saison wurde Zverev von der Tour zum „Star of Tomorrow“ gekürt. Das weckt Begehrlichkeiten, auch bei den Sponsoren. Jüngst unterschrieb Zverev bei Adidas einen hochdotierten Fünfjahresvertrag.

Der finale Durchbruch fehlt noch

Und auch in Monte Carlo wohnt der Hamburger inzwischen – ganz wie die Großen. Alles scheint also bereitet für eine erfolgreiche Karriere, doch der finale Durchbruch fehlt noch. Denn Zverevs Ergebnisse werden zwar Woche für Woche stabiler, aber an den Stärksten der Rangliste scheitert er bisher meist noch. Beim Masters in Rom schaffte er zunächst einen furiosen Sieg über Grigor Dimitrov, Roger Federer war danach jedoch zu stark. Das Potenzial ist zweifellos da. Aber auch, wenn Alexander Zverev die Zukunft gehört, muss er im Hier und Jetzt noch ein wenig Geduld haben.

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