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In Stimung gebracht: Die Australierin Samantha Stosur (links) und die Italienerin Francesca Schiavone vor dem Court Suzanne Lenglen, Schauplatz des French-Open-Finales.

© AFP

French Open: Finale der Spätberufenen

Im Endspiel der French Open treffen heute Francesca Schiavone und Samantha Stosur aufeinander.

Francesca Schiavone sank auf die Knie und küsste genüsslich den roten Ascheboden des Court Philippe Chatrier, wie man es eigentlich nur vom Papst gewohnt ist. Sehr gut habe das geschmeckt, gab die Italienerin später lachend an: „Wenn ich den Titel gewinne, nehme ich den ganzen Court mit nach Hause.“ Schließlich sei es für sie kein Schmutz, sondern der Belag, auf dem sie den größten Glücksmoment ihrer Karriere erlebte. 30 Jahre alt wird Schiavone in zwei Wochen und steht am heutigen Sonnabend in Paris (15 Uhr, live bei Eurosport) erstmals im Finale eines Grand-Slam-Turniers. „Ich bin geboren, um Tennis zu spielen“, sagte Schiavone, „also habe ich schon mein ganzes Leben auf diesen Moment gewartet.“ Eine noch längere Durststrecke erlebten die Italiener insgesamt, denn noch nie hatte eine ihrer Landsfrauen bei einem der vier Traditionsturniere triumphiert. 1954 schaffte es zumindest Silvia Lazzarino ins Halbfinale der French Open. „Langsam fühle ich wirklich, dass ich Geschichte schreibe“, sagte Schiavone stolz.

Geschichtsträchtig wird das Endspiel heute in jedem Fall, denn ihre Gegnerin macht nicht nur das überraschende Duell perfekt – auch Samantha Stosur könnte für ihre Australier eine lange Wartezeit beenden. Seit Margaret Smith-Court im Jahr 1973 gewann keine Spielerin vom fünften Kontinent mehr beim wichtigsten Sandplatzduell der Welt. Und wie Schiavone ist die 26-jährige Stosur eine Spätberufene, die es nie zuvor in ein Grand-Slam-Finale geschafft und ihre größten Erfolge bisher im Doppel gefeiert hatte.

Vor drei Jahren infizierte sie sich mit Zecken-Borreliose und fiel zehn Monate aus. „Ich möchte das nie wieder erleben müssen, aber ich hatte viel Zeit nachzudenken“, erinnerte sich Stosur, „und wer weiß, wozu es gut gewesen ist.“ Es sollte ein Wendepunkt ihrer Karriere werden. Stosur nahm sich fest vor, bei ihrer Rückkehr auf die Tour das Beste aus sich herauszuholen und jede Chance zu nutzen. Vor einem Jahr in Paris deutete sie es bereits an, als sie das Halbfinale erreichte. Weiter als bis zum Achtelfinale hatte es Stosur zuvor nie bei einem Grand Slam geschafft.

Doch nun düpierte sie auf dem Weg ins Finale mit Justine Henin, Serena Williams und Jelena Jankovic drei ehemalige Weltranglistenerste und Titelanwärterinnen. Schiavone setzte sich ihrerseits gegen die Top-Ten-Spielerinnen Caroline Wozniacki und Jelena Dementjewa durch.

Schon vor einem Jahr trafen die heutigen Finalistinnen in Paris in der ersten Runde aufeinander, damals nahm davon niemand Notiz. „Jetzt freut sich ganz Italien mit mir“, sagte Schiavone. Auch ohne den Titel schaffte die Weltranglisten-17. ein Novum, ab Montag wird sie erstmals unter den besten zehn geführt. „Jeder ist anders“, fügt sie hinzu, „was für den einen zu spät kommt, ist für den anderen gut. Meine Zeit ist gekommen. Vielleicht war ich vorher nicht bereit.“ Auch für das Frauentennis scheint eine neue Zeit eingeläutet, sticht die Spielweise der Finalistinnen doch heraus. Jankovic brachte es nach ihrer Niederlage auf den Punkt: „Sam spielt wie ein Mann. Ihr ganzes Spiel ist so aufgezogen, mit viel Spin. Und ihren Kick-Aufschlag sieht man sonst nur bei den Herren.“ Schon mit 13 Jahren habe ihr den ihr damaliger Trainer beigebracht, verriet Stosur, „ich bin wohl so etwas wie eine Rarität.“ Vor allem das jahrelange exzessive Fitnesstraining verschafft ihr einen physischen Vorteil. Auch Schiavone spielt kein typisches Frauentennis. Sie hämmert nicht von der Grundlinie, sondern verwendet viel Spin und agiert taktisch clever. Diesen Spielwitz habe vielleicht nur noch Henin. „Sam und ich und Justine spielen anders“, erklärte Schiavone, „wir wurden geboren, um so zu spielen.“

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