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French Open - Roger Federer

© dpa

French Open: Geschichte schreiben

Mit seinem ersten Sieg bei den French Open würde Roger Federer den Grand-Slam-Rekord von Pete Sampras einstellen. Am Sonntag trifft er im Finale auf den Schweden Robin Söderling.

Roger Federer wirkte sehr eindringlich. „Es ist schon viel besser. Ich merke sie gar nicht mehr“, sagte er. Dabei war es unüberhörbar, dass Federer seine Erkältung eben noch nicht auskuriert hatte. Dass er sich in eine Notlüge flüchtete, muss man verstehen. Gerade jetzt soll nichts Unvorhergesehenes mehr passieren. Nichts, das die bisher perfekte Choreographie auf dem Weg zu seinem ersten Titel bei den French Open noch stören könnte. Zu jenem Titel, den sich Federer so sehnlichst wünscht. Nur ein Sieg fehlt ihm, dann wäre der silberne Coupe des Mousquetaires endlich seiner. Und Federer würde mit seinem 14. Grand-Slam-Titel mit Pete Sampras gleichziehen, dem ein Triumph in Paris immer versagt blieb. Federer wäre ein weiterer Rekord sicher, und dieses Rendezvous mit der Historie bedeutet ihm besonders viel.

Es darf also nichts mehr schief gehen auf dem Weg über die letzte Hürde. „Mirka geht es auch gut, alles in Ordnung“, sagte Federer. Die Sorge um seine schwangere Frau hatte ihn während der heiklen Phasen seiner Matches immer wieder beschäftigt, wenn sie ihn auf der Tribüne besonders engagiert unterstützte. „Sie darf sich doch nicht mehr so anstrengen. Wir haben abgemacht, dass sie es ruhig angehen lässt. Aber das war wohl manchmal schwierig.“ Auch am Freitag im Halbfinale hatte es wieder solche Momente gegeben, als der Weltranglistenzweite bereits mit 1:2-Sätzen gegen den Argentinier Juan Martin del Potro hinten lag. Doch Federer drehte die Partie. „Es fühlt sich toll an, wenn man solche Matches übersteht“, erklärte er, „diese Siege sind emotionaler, viel befriedigender. Obwohl ich es auch liebe, einen Gegner zu dominieren.“

Schon in der zweiten Runde musste sich Federer gegen Jose Acasuso mühen, gegen Thomas Haas lag er im Achtelfinale gar mit 0:2 hinten. Wie immens sich der Druck nach dem Aus von Rafael Nadal erhöht hatte, dem bis dato unbezwungenen König von Roland Garros, konnte Federer nicht verhehlen. Und so blieb die Sorge um seine Frau nicht das Einzige, das ihn während seiner Partien hemmte. In den vergangenen drei Jahren war Federer jeweils im Finale von Paris an Nadal gescheitert. Nun scheint der Weg plötzlich frei. Doch der Schweizer glaubt nicht, dass es seine letzte Chance ist. „Meine Frau und mein Team haben nicht zu mir gesagt: Jetzt musst du aber den Titel holen, sonst schaffst du es nie“, sagte Federer, „so sind sie nicht. Und sie wissen, dass ich so etwas auch nicht hören will.“

Doch er weiß, dass seine Chance kaum größer sein könnte. Zwar trifft Federer im Finale auf Robin Söderling, den Bezwinger Nadals, dieser konnte ihm aber in neun Duellen bisher nur einen einzigen Satz abnehmen. Bei keinem Grand-Slam- Turnier schaffte es Söderling über die dritte Runde hinaus. „Er ist in der Form seines Lebens, ich werde ihn sicher nicht unterschätzen“, sagte Federer, „und ich erwarte ein hartes Match.“ Dass er mit dem eher unbeliebten Schweden vor ein paar Jahren beim Turnier in Halle mal aneinandergeraten ist, sei vergessen: „Robin ist eben ein Charakter.“

Dieser Charakter wurde vom französischen Publikum frenetisch angefeuert, als Nadal der Niederlage entgegensah. Geliebt hatten sie den vierfachen Champion hier nie, viel mehr wünschten sie sich, Federer würde endlich den Coupe in die Höhe recken. Den Schweizer mit seinem eleganten Stil und dem fließenden Französisch haben sie ins Herz geschlossen; sie haben ihn mehr beklatscht, als er gegen ihren Landsmann Gael Monfils spielte. „Diese Unterstützung ist einfach wunderbar. Wir haben keinen Grand Slam in der Schweiz, aber hier fühle ich mich sehr zu Hause“, sagte Federer. Dass die Zuneigung der Franzosen in diesem Jahr sogar noch gewachsen ist, bemerkte er auch abseits des Platzes: „Wenn ich durch die Straßen gehe oder abends beim Essen sitze, sagt mir jeder: Das ist dein Jahr, jetzt musst du es machen.“ Selbst aus fahrenden Autos heraus würden sie ihm zurufen, erzählte der 27-Jährige: „Und wenn die Ampel rot ist, springen sie aus den Autos oder von ihren Rollern und bitten um ein Autogramm oder ein Foto. Die beiden Wochen waren einfach unglaublich.“

Es fehlt nur noch der perfekte Abschluss – Federer ist bereit. Das Sondertraining in den Tagen vor dem Masters in Rom hat ihm die Kraft gegeben, Fünfsatzmatches auf Sand ohne körperlichen Einbruch zu überstehen, der Endspielsieg gegen Nadal in Madrid hat sein Selbstvertrauen gestärkt. Federer hofft zudem, dass er seine enorme Erfahrung gegen den Debütanten ausspielen kann, um in seinem 19. Grand-Slam-Finale den ersehnten Titel zu gewinnen. „Solche großen Momente passieren nicht täglich“, sagte Federer, „aber ich bin jetzt viel entspannter als noch vor ein paar Tagen. Wenn ich mein bestes Tennis zeigen kann, dann gewinne ich den Coupe.“ Sein Gegner Robin Söderling sieht das etwas anders: „Ich habe Nadal geschlagen, warum sollte ich Federer nicht auch schlagen können?“

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