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Für Jo-Wilfried Tsonga bleibt der Traum vom Finale bei den French Open unerfüllt.

© AFP

French Open: Jo-Wilfried Tsonga scheidet als letzter Franzose in Paris aus

Stanislas Wawrinka zieht ins Finale ein - Frankreich wartet weiter auf den ersten Titel seit 1983.

Die einst schwarzen Rasta-Locken sind gestutzt und ergraut, die markante Lücke zwischen seinen Schneidezähnen ist aber immer noch da. Jeden Tag flimmerte Yannick Noah in den vergangenen zwei Wochen in einer Dauerschleife über die Bildschirme in Frankreichs Wohnzimmern. Wie ein Märchenonkel saß er da und erzählte von den guten und manchmal ach so verrückten alten Zeiten bei den French Open. Von seinem Sieg, natürlich. Wie er Mats Wilander auf der roten Asche niederrang und wie dann die Zuschauer im Freudentaumel den Platz stürmten. Verrückt eben. Und furchtbar lange her. Seit 32 Jahren muss sich die Grande Nation nun schon an diese Bilder klammern, und muss es wohl noch länger. Mit Jo-Wilfried Tsonga scheiterte nun ihre letzte große Hoffnung im Halbfinale an Stanislas Wawrinka mit 3:6, 7:6, 6:7 und 4:6.

Noahs Märchenstunden erhöhen den Druck auf die aktuellen Spieler

An den immensen Erwartungen ihrer Landsleute zerbrach Jahr für Jahr die Generation der neuen Musketiere, wie Tsonga, Gael Monfils, Gilles Simon und Richard Gasquet in Anlehnung an die legendären Davis-Cup-Sieger von 1927 genannt werden und für die das Stadion Roland Garros einst errichtet wurde. Sie spielen gut, aber eben nicht gut genug für einen Triumph bei einem Grand Slam oder im Davis Cup. Die unvollendete Generation wird sie schon genannt, und die Zeit läuft ihnen davon, um doch noch alle Welt Lügen zu strafen. Und Noahs kleine Märchenstunden machen es ihnen nicht leichter. Im Gegenteil. Tsonga wirkte in seiner Partie lange Zeit wie gelähmt, als hätte ihn der Erwartungsdruck eingeschnürt. Der 30-Jährige lebt sonst von seinen Emotionen, von der Interaktion mit den Fans, doch Tsonga kam nicht auf Betriebstemperatur. Und das bei weit über 30 Grad in Paris. Die Zuschauer blieben auch lange stumm, zu erstaunt waren sie von der blutleeren Vorstellung ihres Heroen. Wawrinka wirkte auch recht irritiert von so wenig Gegenwehr, da hatte der Schweizer Weltranglistenneunte schon den ersten Satz gewonnen und führte im zweiten Durchgang mit 4:2. Im letzten Jahr war Wawrinka noch in der ersten Runde in Paris gescheitert, und das direkt nach seinem Sieg bei den Australian Open. In Melbourne stand auch Tsonga vor sieben Jahren mal im Endspiel, näher war er dem erlösenden Triumph nie mehr gekommen. Auch kein anderer der neuen Musketiere.

Henri Leconte war 1988 der letzte Franzose im Endspiel

Doch Tsonga wollte sich dieses erste Endspiel in Paris unbedingt holen. Seit Henri Leconte 1988 hatte das kein Franzosen mehr geschafft. Wawrinka half im zweiten Satz nach, mit zwei Doppelfehlern überließ er Tsonga das Rebreak zum 4:4 – die Lebensgeister der Nummer 14 der Welt schienen geweckt. Und nun riss er auch das Publikum mit. Tsonga erkämpfte sich den Satzgewinn, doch Wawrinka ließ nicht locker. Sechs Breakchancen konnte der Franzose im dritten Durchgang nicht nutzen, der Schweizer zog den Kopf mit variablem Spiel von der Grundlinie aus der Schlinge. Den Tiebreak diktierte Wawrinka plötzlich wieder, und dass er diesen Satz doch noch für sich entschied, war der letzte Genickschlag für Tsonga.

Per Doppelfehler schenkte er dem Schweizer das erste Spiel im vierten Satz, diesen Rückstand holte Tsonga trotz aller Bemühung nicht mehr auf. Nach fast vier Stunden war für Tsonga der große Traum vom ersten Finale daheim erneut jäh beendet. Und Noah würde auch im nächsten Jahr wieder Märchen von alten Zeiten erzählen.

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