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Kampf dem Körper. Der 36-Jährige Thomas Haas will selbst entscheiden, wann er seine Karriere beendet. Foto: dpa

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French Open: Tommy Haas kämpft mit seinem Körper

Thomas Haas musste in Paris erneut wegen einer Schulterverletzung aufgeben. Bereits in Rom wurde der Schmerz unerträglich. Dabei schien Haas sein fortgeschrittenes Sportleralter im letzten Jahr noch ad absurdum zu führen

Alles hatte gut ausgesehen in dieser ersten Runde der French Open. Thomas Haas spielte trotz der kühlen und trüben Bedingungen in Roland Garros sehr solide gegen den Esten Jürgen Zopp, führte souverän mit 5:2 im ersten Durchgang. Der Weltranglisten-335. war keine wirkliche Herausforderung für die deutsche Nummer eins. Der einzige, der Haas momentan wirklich gefährden konnte, war sein eigener Körper. Genauer, seine Schulter.

Das ist dem 36-Jährigen seit Wochen schmerzlich bewusst. Zuletzt hatte er beim Masters in Rom aufgeben müssen, seine rechte Schulter ist zu einer tickenden Zeitbombe geworden. Jederzeit kann der Schmerz unerträglich werden, es braucht nur eine ungeschickte Bewegung. Gestern dauerte Haas’ Schonfrist bloß 24 Minuten. Er holte an der Grundlinie zur Vorhand aus, dann hallte sein Schrei über den Court No. 3 hinweg und der Schläger fiel Haas aus der Hand. Die Zuschauer erschraken. Haas schlich hinüber zur Bank und sackte darauf zusammen. Er wusste, dass es vorbei war.

Haas nickte enttäuscht und gab auf

Minuten vergingen, in denen Haas auf einen der Physiotherapeuten des Turniers wartete. Doch dass er sich im Grunde keinerlei Hoffnung mehr machte, bei seinen 13. French Open weiterspielen zu können, war ihm anzusehen. Haas kämpfte gegen seine Wut und gegen die aufsteigenden Tränen an. Der Physiotherapeut kniete sich schließlich vor ihn hin und ließ sich die Beschwerden schildern. Er fragte Haas: „Wie ist dein Gefühl?“ Dann sagte er, was der Deutsche längst selbst wusste: „Da können wir wenig machen.“

Haas nickte enttäuscht, stand auf und sagte dem Schiedsrichter, er wolle noch ein paar Ballwechsel versuchen. Die Zuschauer schenkten Haas tosenden Applaus. Doch dann machte er am Netz wieder kehrt und schüttelte den Kopf. Er wollte das Unausweichliche nicht weiter hinauszögern. Haas gab auf.

„Es war ein Schock für mich“, sagte er später konsterniert, „irgendetwas habe ich gehört und gespürt, aber ich weiß nicht, was es ist. Ob noch etwas gerissen ist oder nicht. Jetzt muss ich wieder zum Arzt, es macht keinen Spaß im Moment.“ Zopp, der in seiner Karriere erst eine einzige Partie bei einem Grand Slam gewonnen hatte, war es sichtlich unangenehm, auf diese Art in die zweite Runde einzuziehen. Aber so ist der Sport. Der Jubel brandete noch einmal auf, als Haas seine Taschen schulterte und den Court verließ. Haas winkte der Menge zu, und er wusste in diesem Moment, dass es womöglich ein Abschied für immer aus Roland Garros war.

Haas brennt immer noch für seinen Sport

Noch vor einem Jahr schien Haas sein fortgeschrittenes Sportleralter ad absurdum zu führen, als er furios ins Viertelfinale von Paris stürmte. Erst am Weltranglistenzweiten Novak Djokovic war Haas gescheitert und hatte noch einmal bewiesen, welch außergewöhnliches Talent er besitzt. Man hätte ihm gegönnt, dass er in dieser Saison noch einmal an ähnliche Erfolge würde anknüpfen können. Doch sein malträtierter Körper hat nach 18 Jahren auf der Tennis-Tour nun etwas dagegen. Schon in Rom deutete sich das an.

Haas spielte im Viertelfinale gegen den Bulgaren Grigor Dimitrov, nachdem er zuvor sogar Stan Wawrinka eindrucksvoll bezwungen hatte. Doch nach dem ersten Satz ging nichts mehr. Auch hier konnte der herbeigeeilte Physiotherapeut nichts mehr machen. Haas hatte vor dem Match schon das Maximum an schmerzstillenden Mitteln bekommen. Er konnte nur noch aufgeben. Für einen wie Haas, der sich nie von seinem Körper die Entscheidung abnehmen lassen wollte, wann seine Karriere einmal zu Ende sein würde, ist das nun der schlimmste aller anzunehmenden Fälle.

Haas brennt immer noch für seinen Sport, hat weiterhin Lust, sich mit den Besten zu messen. Er ist mit 36 Jahren die Nummer 18 der Welt, das sagt schon alles. Loslassen kann er noch nicht. „Wenn ich keine Chancen mehr in den Matches hätte, wäre es leichter, das Ende zu akzeptieren. Aber so will ich gerne noch weitermachen – ich habe noch nicht abgeschlossen mit meiner Karriere.“

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