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Sport: Frentzen siegt vor Ralf Schumacher und hat sogar Titelchancen

Ein deutscher Tag in Monza und ein enttäuschend ausgeschiedener HäkkinenHartmut Moheit Im Königlichen Park von Monza gab es wohl keinen einsameren Menschen als Mika Häkkinen. Völlig geknickt und weinend hockte der Formel-1-Weltmeister und WM-Führende in einer Waldecke am Boden.

Ein deutscher Tag in Monza und ein enttäuschend ausgeschiedener HäkkinenHartmut Moheit

Im Königlichen Park von Monza gab es wohl keinen einsameren Menschen als Mika Häkkinen. Völlig geknickt und weinend hockte der Formel-1-Weltmeister und WM-Führende in einer Waldecke am Boden. Der schlimme Gang zur Box stand ihm noch bevor, wo er später von Tausenden Ferraristi gnadenlos ausgepfiffen wurde. Den fünften Saisonsieg bereits vor Augen und damit den entscheidenden Schritt zum Championat, brachte sich der Finne in der 30. Runde selbst um die Früchte seiner Arbeit und die des gesamten McLaren-Mercedes-Teams. War es das kurz zuvor signalisierte "Push" von seiner Boxencrew, das ihn bei acht Sekunden Vorsprung in der Schikane zu forsch über die Begrenzungssteine fahren ließ? "Was ich erlebt habe, ist der Albtraum eines jeden Fahrers. Im ersten Gang bin ich diese Stelle gefahren, das war falsch. Die Hinterräder wurden damit überbremst, das Heck ist ausgebrochen, und der Motor war plötzlich weg. So flog ich raus", analysierte er später.

Am Bildschirm musste Häkkinen mit ansehen, wie der 70. Große Preis von Italien zu einem deutschen Tag wurde. Und das ohne Michael Schumacher: Heinz-Harald Frentzen im Jordan-Mugen-Honda fuhr die 53 Runden über ohne Fehl und Tadel, krönte ein für ihn großartiges Wochenende in der Lombardei. Plötzlich besitzt er sogar die Chance auf den Weltmeistertitel. Der dritte Sieg in seiner Formel-1-Karriere brachte Frentzen bis auf zehn Zähler an Häkkinen und Eddie Irvine im Ferrari (je 60) heran, der durch den sechsten Rang den einen Zähler Rückstand auf den Führenden aufholte. "Ich wage überhaupt nicht daran zu denken, was bei noch drei Rennen möglich ist. Über die zehn Zähler bin ich einfach nur glücklich", sprudelte es aus dem Mönchengladbacher nur so heraus, der vor dem Start einen Dialog mit Häkkinen hatte. "Du musst gewinnen", sagte er zum Finnen, während dieser antwortete: "Du brauchst doch aber auch viele Punkte." Die holte sich der Deutsche, während der Mann im Silberpfeil mit völlig leeren Händen abreiste. Mercedes-Teamchef Norbert Haug gab ihm mit auf den Weg: "1998 stand es vor dem Nürburgring ebenfalls ausgeglichen, letztlich wurdest du Weltmeister."

Etwas im Schatten von Frentzen standen zwei Leistungen, die vor dem Grand Prix kaum jemand erwartet hatte. Ralf Schumacher im vom Motor her unterlegenen Williams-Supertec fuhr auf den dritten Rang, steht mit 28 Punkten im WM-Klassement hinter dem Spitzentrio, David Coulthard und seinem Bruder Michael auf dem sechsten Rang. Vor dem Brasilianer Rubens Barrichello (Stewart-Ford), der in der Anfangsphase mit drei Überholmanövern in einem ansonsten eintönigen Rennen wenigstens für etwas Belebung gesorgt hatte. Am Ende fuhr er als Vierter vor Coulthard und Irvine über die Ziellinie.

"Ich muss mich vor allem bei Alex Zanardi bedanken, der mich problemlos überholen ließ. Aber auch das gesamte Team hat einen tollen Job gemacht", lautete Schumachers Kommentar. Die andere Überraschung betraf im Ferrari-Land die Roten aus Maranello. Im Training mit riesengroßen Problemen kämpfend, mit einer hohen Geldstrafe für Irvine belegt wegen zu schnellen Fahrens in der Boxengasse und noch bis 15 Minuten vor dem Start wenig zuversichtlich, fuhren Mika Salo als Dritter und Irvine dennoch in die Punkte. Den Abwärtstrend freilich konnten sie damit wohl kaum stoppen.

"Es gibt keine richtige Entwicklung", schimpfte der Nordire Irvine nicht nur einmal an den drei Tagen von Monza, "das Setup stimmt vorn und hinten nicht." Die Frage wurde in Italien damit erneut provoziert, ob Ferrari den WM-Titel ohne Michael Schumacher überhaupt noch erringen möchte. Nicht nur einmal äußerte sich Teamchef Jean Todt negativ über Irvine, beim Testen ließ "Superhirn" Ross Brawn nach dem misslungenen Schumacher-Comeback seine Männer allein, und warum Schumacher in der schwierigen Situation als millionenschwerer Angestellter der Scuderia nicht wenigstens beratend zur Stelle ist, diese Frage konnte oder wollte man nicht beantworten. © 1999

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