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Sport: Freude im Hotel Berlin

Bei den Sixdays fühlt sich das Publikum zu Hause

Berlin - Es hatte etwas von Familientreffen. Ehrengast Jens Voigt musste die Eckdaten seiner jüngst geborenen Tochter herunterbeten. Bei der stattlichen Größe von Voigts nunmehr sechstem Kind („53 Zentimeter“) raunten die Anwesenden anerkennend. Links neben ihm auf dem Podium der Pressekonferenz saß der mittlerweile grau melierte Olaf Ludwig, 1997 Sieger des ersten Gesamtberliner Sechstagerennens nach der Wende. Und in der Mitte thronte der schlohweiße Patriarch, Otto Ziege, 84 Jahre alt, und bis vor zwei Jahren Sportlicher Leiter der Berliner Sixdays.

Es herrschte eine vertraute, heitere Stimmung in der Radsport-Familie. Eben genau das, was am Donnerstag und Freitag bei der100. Ausgabe die Leute zu Tausenden ins Velodrom lockte. „Das Haus ist an allen Tagen voll belegt“, gab Cheforganisator Heinz Seesing bekannt und klang dabei wie ein stolzer Hoteldirektor. Das Bild passt: Der Berliner ist jetzt sechs Nächte lang zu Gast bei sich selbst – im Hotel Berlin. „So voll waren wir an einem Donnerstagabend noch nie“, schwärmte Dieter Stein, der seit zwei Jahren als Nachfolger von Otto Ziege das Fahrerfeld zusammenstellt.

Die sportliche Leistung passte sich dem festlichen Rahmen an: Die Große Jagd am Eröffnungsabend wurde mit einem Stundenmittel von 57,66 Kilometern gefahren. 173 Runden schafften die besten der insgesamt 18 Zweierteams in 45 Minuten. „Das zeigt auch, dass am ersten Tag bereits alle um den Sieg gekämpft haben“, sagt Dieter Stein. „Die Leute sind erst um zwölf, halb eins langsam nach Hause gegangen. Das hängt auch mit dem Spitzensport zusammen, der geboten wurde.“ Packende Rennen gab es auch am Freitag: Robert Bartko begeisterte das Publikum beim Derny-Rennen mit einer fulminanten Aufholjagd. Seinen Schrittmacher Carsten Podlesch trieb er auf den letzten drei Runden immer wieder an, indem er die rechte Faust nach vorne schleuderte. Auf der Außenbahn holte Bartko mehrere Längen gegenüber Cameron Meyer und Michael Mörköv auf – und baute den Vorsprung in der Gesamtwertung mit seinem Partner Roger Kluge aus.

Dafür bekam Bartko tosenden Applaus – wie schon in der Eröffnungsnacht, als sie die Führung übernommen hatten. Bartko und Kluge sind ohnehin die Lieblinge der Berliner Zuschauer, die hochzufrieden nach Hause gingen. „Macht’s jut, bis morgen.“ Dann sieht man sich wieder – im Hotel Berlin. Johannes Ehrmann

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