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Doppelt geschützt. Der FC Homburg sorgte in der Saison 1987/88 für Aufsehen, als der Kondomhersteller London neuer Trikotsponsor wurde. Der DFB wollte das verhindern, aber das Landgericht Frankfurt am Main entschied zugunsten der Homburger.

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Frühere Bundesligisten: Kennen wir uns nicht?

Einst spielten sie erstklassig, dann verschwanden sie von der großen Bühne. Wir erinnern zum 50. Jubiläum der Bundesliga an sechs Vereine, die mal zu den besten in Deutschland gehörten.

Wuppertaler SV

Der Held im Stadion am Zoo war Meister Pröpper. Eigentlich trug er ja den Vornamen Günter, was aber im Lauf der Zeit und vor allem wegen seiner vielen Tore verloren ging. Mit 52 Treffern schoss Pröpper den WSV 1972 in die Bundesliga, wo er gleich im ersten Jahr 21 Mal traf – erfolgreicher waren in dieser Saison nur Gerd Müller und Jupp Heynckes. Aufsteiger Wuppertal wurde am Ende Vierter und qualifizierte sich für den Uefa-Cup. Dort war schon in Runde eins gegen Ruch Chorzow Schluss, obwohl die Wuppertaler im Rückspiel am Zoo einen 1:3- Rückstand noch in einen 5:4-Sieg drehten. In der Bundesliga ging es für Wuppertal 1975 nach unten. Und wie: Der WSV holte nur zwölf Punkte, gerade vier mehr als 1966 die legendäre Berliner Tasmania, der schlechteste Bundesligist aller Zeiten. Heute spielt der zum WSV Borussia fusionierte Klub in der Regionalliga West.

FC Homburg

Dass der FC Homburg in den Achtzigern gleich zweimal in die Bundesliga aufstieg, den heutigen Freiburger Trainer Christian Streich als Spieler beschäftigte und den früheren deutschen Sprintmeister Manfred Ommer als Präsidenten – alles längst vergessen. Nicht aber der Deal, den der umtriebige Ommer mit der Firma London einfädelte. Der Kondomhersteller stieg 1987 für 200.000 DM als Trikotsponsor bei den Saarländern ein. Wie von Ommer kalkuliert, sah der prüde DFB Sitten und Moral verletzt und schlug um sich. Allen voran marschierte Gerhard Mayer-Vorfelder, damals Präsident des VfB Stuttgart und Vorsitzender des Ligaausschusses. Der FDP-Sprecher Lothar Mahling befand: „Es war kaum zu erwarten, dass der selbsternannte Tugendwächter Mayer- Vorfelder über seinen kleinbürgerlichen Schatten springen würde.“ Weil nun der DFB mit Punktabzug drohte, liefen die Homburger zunächst mit schwarzen Balken auf den Trikots auf. Bis das Landgericht Frankfurt am Main befand, dass Kondomwerbung auf den Trikots weder gegen Sitte noch Moral verstoße. Für Ommer und London war es ein gigantischer PR-Erfolg. Sportlich lief es weniger gut. 1990 stieg Homburg zum zweiten Mal ab und spielt heute in der viertklassigen Regionalliga Südwest.

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Borussia Neunkirchen

Mit der Borussia konnten die Bayern noch nie besonders gut. Die aus Dortmund hat ihnen gerade zweimal die Meisterschaft weggeschnappt, die aus Mönchengladbach war ihnen in den Siebzigern oft ein Stück voraus, und 1964 gab es da noch eine Borussia aus Neunkirchen, die dem großen FC Bayern den Durchmarsch in die Bundesliga verwehrte. In der Aufstiegsrunde landete das Team der Namenlosen aus dem Saarland knapp vor Maier, Beckenbauer und Müller. Dank der Heimstärke im engen Ellenfeldstadion reichte es im ersten Jahr zu einem viel beachteten zehnten Platz und diente im zweiten noch als Bühne für die erste Bundesligasaison der gerade aufgestiegenen Gladbacher Günter Netzer, Jupp Heynckes und Berti Vogts. Viel mehr aber ging dann nicht, am Ende stand der vorletzte Platz, verbunden mit der guten Tat, der seligen Berliner Tasmania am 33. Spieltag beim 1:2 den zweiten Saisonsieg zu gönnen. Die Borussia schaffte zwar als erster Bundesligaklub den direkten Wiederaufstieg, stieg aber auch gleich wieder ab und spielt heute fünftklassig in der Oberliga Südwest.

Der erste Bundesliga-Spieltag: Eine Geschichte in Bildern

Fortuna Köln, Preußen Münster und der SSV Ulm

Gestrauchelt. In der Saison 1965/66 unterlag Borussia Neunkirchen 2:4 bei 1860 München und stieg als Tabellenvorletzter ab
Gestrauchelt. In der Saison 1965/66 unterlag Borussia Neunkirchen 2:4 bei 1860 München und stieg als Tabellenvorletzter ab

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Fortuna Köln

Bekannt geworden ist die Fortuna als ewiger Zweitligist (26 Jahre!) und wegen ihres, nun ja, eigenwilligen Präsidenten Jean Löring, genannt Schäng, der mal seinem Trainer Toni Schumacher in der Halbzeit eines Spiels die Kündigung überreichte mit der schönen Formulierung: „Du hast hier nichts mehr zu sagen, du Wichser!“ In der einzigen Erstligasaison firmierte Löring Anfang 1974 für drei Wochen selbst als Trainer und engagierte als seinen Nachfolger Willi Holdorf, den Zehnkampf-Olympiasieger von 1964. Das Tor hütete der frühere Nationalspieler Wolfgang Fahrian, und weil das Müngersdorfer Stadion für die WM 1974 umgebaut wurde, musste nebenan auf der Radrennbahn gespielt werden. Bis zum vorletzten Spieltag stand die Fortuna auf dem rettenden 16. Platz, verlor aber zum Saisonausklang 0:4 in Offenbach und wurde damit zum Gründungsmitglied der Zweiten Bundesliga. Dort blieb die Fortuna bis zum Abstieg im Jahr 2000. Löring ging pleite, der Verein wurde durchgereicht bis in die sechste Liga und spielt heute viertklassig in der Regionalliga West.

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Preußen Münster

Wahrscheinlich trägt auch Hertha BSC Schuld daran, dass Preußen Münsters Bundesligazeit gerade ein Jahr währte. Als Gründungsmitglieder waren Berliner und Münsteraner 1964 Rivalen im Abstiegskampf. Am vorletzten Spieltag lag Hertha mit einem Punkt vorn, empfing 1860 München, musste aber zum letzten Spiel noch nach Münster. Das wäre im Falle einer Niederlage gegen 1860 auf ein Herzschlagfinale hinausgelaufen. Doch für die Münchner ging es nur noch um Platz acht, neun oder zehn – und sie hatten Alfons Stemmer. Der dirigierte als Kapitän die Abwehr und war, so hatte Herthas Manager Wolfgang Holst ermittelt, durchaus empfänglich für Zuwendungen. Die Münchner Abwehr, so berichten Zeitzeugen, machte an diesem Nachmittag einen sehr schläfrigen Eindruck, so dass Hertha trotz eines frühen 0:1-Rückstandes problemlos 3:1 gewann. Das reichte zum Verbleib in der Bundesliga, weil Münster zur selben Stunde 2:4 in Bremen verlor. Am nächsten Tag bekam Stemmer vom Kicker die Note 5 und von Hertha seine 15 Riesen, so stellt es das Berliner Landgericht später fest. Preußen Münster als mutmaßlich Geschädigter kehrte nie wieder in die Bundesliga zurück und spielt heute in der Dritten Liga.

SSV Ulm

Es lässt sich ziemlich genau datieren, wann aus der Erfolgsgeschichte mit dem Durchmarsch aus der Dritten in die Erste Liga ein Desaster wurde. Nicht auf den 10. September 1999, als der SSV Ulm beim 1:2 in Rostock vier Platzverweise kassierte, das ist bis heute Bundesligarekord. Es war ein halbes Jahr später am 18. März 2000, als der Aufsteiger daheim im Donaustadion 1:9 gegen den Tabellenzweiten Leverkusen unterging und sich davon nie mehr erholte. Eine Woche zuvor hatte der SSV noch 2:1 beim Dritten Hamburger SV gesiegt und war auf Platz zwölf mit beachtlichen 30 Punkten der Teilnahme am Uefa-Cup näher als dem Abstieg. Dann aber kam Leverkusen und der Weg ging steil nach unten. Ganze fünf Punkte sammelte Ulm in den letzten neun Spielen, das reichte nur zum Abstiegsplatz 16. Im nächsten Jahr ging es noch eine Klasse tiefer in die Regionalliga, für die die vom Erstliga-Abenteuer finanziell schwer angeschlagenen Ulmer allerdings keine Lizenz bekamen. Nach turbulenten Jahren mit Insolvenzverfahren und der Ausgliederung der Fußballabteilung aus dem Hauptverein spielt der SSV Ulm heute viertklassig in der Regionalliga Südwest.

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