zum Hauptinhalt
Fliegender Magdeburger. Markus Richwien wechselte vor sieben Jahren vom SCM zu den Füchsen Berlin.

© dpa

Füchse Berlin gegen den SC Magdeburg: In Abneigung verbunden

Der SC Magdeburg war lange Zeit die Nummer eins im Osten von Handball-Deutschland, mit den Füchsen Berlin ist dem SCM aber ein neuer Konkurrent erwachsen. Die Fans verbindet eine herzliche Abneigung - auch an diesem Sonntag, wenn Tradition auf Moderne trifft.

Dagur Sigurdsson wird ein paar nette Worte an den Gegner richten, wird sich unabhängig vom Resultat für ein gutes Spiel bedanken und dann ein paar Sätze über seine eigene Mannschaft sagen. So hält es der Trainer der Füchse Berlin nach jeder Partie, so wird er es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch heute wieder tun, nach dem Spiel beim SC Magdeburg (17.15 Uhr, live bei Sport1). Auch in seiner fünften Bundesliga-Saison ist das Duell mit dem Traditionsklub aus Sachsen-Anhalt unter emotionalen Aspekten nur eines von 34 Pflichtspielen für den pragmatischen Isländer, nicht mehr und nicht weniger.

Die Anhänger beider Klubs sind da naturgemäß anderer Ansicht, sie verbindet eine herzliche Abneigung. „Wenn wir in Magdeburg in die Halle einlaufen, pfeift das Publikum noch lauter als ohnehin schon“, sagt Markus Richwien, der Rechtsaußen der Berliner und gebürtiger Magdeburger. Wenngleich Richwien den SCM bereits vor sieben Jahren in Richtung Berlin verlassen hat, hegt er bis heute Sympathien für den Klub und seine Heimatstadt, „ist doch wohl klar“. Und auch an seinem KFZ-Kennzeichen (B-MD) erkennbar.

„Weil die positive Entwicklung in Berlin so nicht absehbar war, hat man mich damals ziemlich belächelt, als ich meinen Wechsel bekannt gegeben habe“, sagt Richwien – eine aus Magdeburger Sicht über Jahre übliche Haltung den Füchsen gegenüber. Und gewissermaßen Basis für die Rivalität im heutigen Spiel, das vom Boulevard gern zum „Ost-Derby“ hochstilisiert wird. Mittlerweile ist dem SCM 150 Kilometer östlich nämlich nicht nur ein Konkurrent erwachsen, sondern ein Klub, der in der Abschlusstabelle zuletzt immer vor den Magdeburgern gelandet ist und gegen den man in den letzten vier Jahren kein Test- respektive Pflichtspiel gewonnen hat. „Das wurmt die Fans natürlich ungemein“, sagt Richwien, „erst Recht bei der Vorgeschichte.“

Es war im März 2009, als die Berliner gegen Magdeburg erstmalig von der Max-Schmeling-Halle in die Arena am Ostbahnhof umzogen. Der Plan scheiterte allerdings grandios – weil die Magdeburger beim 28:21-Sieg sowohl auf dem Spielfeld als auch auf den Rängen dominierten. Während Füchse-Manager Bob Hanning vor Scham am liebsten im Parkett versunken wäre, skandierten die Gästefans auf den Tribünen hämisch „Hier regiert der SCM“, was wiederum die Berliner bis heute nicht vergessen haben. „Ich habe keine guten Erinnerungen an diesen Tag“, sagt Markus Richwien. Dabei hatten die Füchse im Vorfeld der Partie den ersten psychologischen Punktsieg über die Magdeburger errungen, mit der Verpflichtung eines jungen, aufstrebenden Torhüters. Silvio Heinevetter war nach Henning Fritz und Johannes Bitter bereits der dritte selbst ausgebildete Nationalkeeper binnen weniger Jahre, den die Magdeburger ziehen lassen mussten, diesmal ausgerechnet zum ungeliebten Konkurrenten aus der Hauptstadt. „Bei Heine ist es doch so: Für das eigene Team nimmt man ihn mit Kusshand, spielt er im gegnerischen, kann man ihn nicht mögen“, sagt Richwien.

Abgerundet wird die Aversion der Anhänger durch das unterschiedliche Verständnis von Hallenbespaßung, hier trifft Tradition auf Moderne. Abgesehen von Trommeln und Trompeten stehen Lautstärkeverstärker in der Arena des SCM auf dem Index. Wer die Halle mit Klatschpappe betritt, muss sich nicht wundern, wenn er sie selbst zusammengefaltet verlässt. Trotzdem – oder gerade deshalb – zählt die Spielstätte zu den stimmungsvollsten Handball-Hallen der Republik.

Bei den Füchsen verhält es sich mit der Klatschpappe dagegen so wie bei vielen Berliner Klubs: sie zählt zu den erklärten Freunden des Publikums, kein Heimspiel ohne stumpfes, stakkatoartiges Malträtieren des Materials. Auch dafür gab es in den letzten Jahren Kritik aus Sachsen-Anhalt. „Der SCM ist eben ein Klub mit großer Tradition und Geschichte“, sagt Richwien, „die Füchse empfindet man dagegen eher als eine Art Retortenklub.“

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Magdeburger ebenso zu inszenieren wissen wie die Berliner. Tradition hin oder her – auch die Spielstätte des Vereins, die legendäre Bördeland-Halle, trägt mittlerweile einen dieser scheußlichen Sponsorennamen. „So unterschiedlich sind die Klubs gar nicht“, sagt Markus Richwien, „deshalb freue ich mich, dass wir uns auch sportlich wieder auf einem Niveau treffen.“ Beide Teams sind mit 6:2 Punkten in die Saison gestartet.

Zur Startseite