zum Hauptinhalt
Entschlossen zum achten Sieg. Die Füchse, hier Bartlomiej Jaszka in der Mitte, wollen sich auch in Hamburg zum Erfolg kämpfen.

© dapd

Füchse Berlin: Giftwolken gen Norden

Vor dem Spitzenspiel beim kriselnden HSV teilt Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning aus. Zu dem rhetorischen Gefecht gibt es eine Vorgeschichte.

Zum Ehrenkodex des Handballs gehört es, den Gegner in der Öffentlichkeit respektvoll zu behandeln. Dass die Atmosphäre vor dem Bundesliga-Spitzenspiel des HSV gegen die Füchse Berlin (17.30 Uhr, live bei Sport1) vergiftet ist, bedeutet demnach einen Bruch dieser Konvention. Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning hatte sich in Hamburger Zeitungen zitieren lassen, mit den Millionen des Hamburger Mäzens Andreas Rudolph wäre er längst Deutscher Meister geworden. „Eine Unverschämtheit“ entgegnete HSV-Sportdirektor Christian Fitzek. „Das waren keine Sticheleien, da waren viele despektierliche Sachen dabei“, tobte Coach Martin Schwalb.

Es gibt eine Vorgeschichte für das rhetorische Gefecht vor der wichtigen Partie, die dank Zusatzbestuhlung hinter den Toren mehr als 12 000 Fans verfolgen können. Hanning hat, bevor er 2005 den Berliner Handball aus dem langen Dornröschenschlaf weckte, Hamburg als Geschäftsführer und Trainer auf die europäische Bühne gehievt. Er selbst betont dies gerne und oft, was die HSV-Oberen gehörig nervt. „Eine solche Geschichte hilft enorm, die Mannschaft zusätzlich zu motivieren“, lässt Fitzek wissen.

Der HSV macht derzeit eine kritische Phase durch. Die beiden unerwarteten Niederlagen in der Champions League beim ungarischen Meister Veszprem und in Kolding haben tiefe Wirkung hinterlassen. Es sei „noch nicht viel verloren“, sagt Torwart Johannes Bitter zwar. „Wir wollen nach wie vor Gruppensieger werden, auch wenn wir das gegenwärtig aus eigener Kraft nicht schaffen können.“ Doch der Plan, in der recht leichten Gruppe für die Liga und den Pokal Kräfte zu sparen, ging nicht auf. Selbst die ungewöhnliche Maßnahme von HSV-Präsident Rudolph, das Team auf seine Finca nach Mallorca einfliegen zu lassen, um es dort auf die kommenden Aufgaben einzuschwören, half nichts.

Mancher Beobachter begründet die Krise mit der ungeklärten Trainerfrage. Noch ist unklar, wer Schwalb, der im Sommer 2011 Geschäftsführer werden soll, nachfolgt. Die Berichte, dass Flensburg-Coach Per Carlén an die Elbe kommt und seinen Sohn, den Weltklasse-Linkshänder Oscar, mitbringt, hat Carlen nicht deutlich dementiert. Die Mannschaft des HSV wirkt heterogener als im Vorjahr, als sie trotz 61:7-Punkten nur den zweiten Platz belegte. Immer noch unklar ist, wer in schwierigen Lagen die Mitspieler mitreißen kann. Der französische Kapitän Guillaume Gille spielt fast nur in der Abwehr, seit Michael Kraus im Verein ist. Vizekapitän Pascal Hens erlebt aktuell die vielleicht größte Krise seiner Karriere. Zudem müssen die Hamburger mit Krzysztof Lijewski einen wichtigen Ausfall verkraften – auch in der Abwehr.

Eine Heimniederlage würde für weitere Unruhe sorgen. Man dürfe jetzt keine Punkte abgeben, sagt Bitter, der großen Respekt ausdrückt: „Die Füchse sind eine Klasse-Mannschaft mit zwei Super-Torhütern und einer Riesen-Abwehr. Dass sie Kiel und Flensburg geschlagen haben, ist ein Beleg ihrer Qualität.“ Hens erklärte, bei einer weiteren Niederlage könne man die Meisterschaft abhaken: Ob die Hamburger dem großen Druck standhalten können, ist die spannendste Frage des heutigen Spitzenduells.

Zur Startseite