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Berlins Trainer Erlingur Richardsson (r.).

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Füchse Berlin: Setzt Trainer Richardsson die Talente zu selten ein?

Vor dem Spiel gegen Gummersbach diskutiert der Handball-Bundesligist über den richtigen Umgang mit seinem Nachwuchs. Manager Hanning äußert sich kritisch.

Um die jüngsten Tage zu skizzieren, genügte eine einzige Hand. Erlingur Richardsson überlegte kurz, dann zählte er an den Fingern ab: eins, zwei, drei, vier. So viele – oder besser gesagt: so wenige – Spieler haben dem Trainer der Füchse Berlin in der zurückliegenden Länderspiel-Woche zur Verfügung gestanden. „Da kann man nicht viel machen“, sagt der Isländer. Ein bisschen Krafttraining vielleicht, okay, oder auch Ausdauerübungen. Aber eben keine detaillierten handballerischen Abläufe. Dummerweise hat der Bundesligist zuletzt aber in genau diesem Bereich Schwächen offenbart, die wiederum ein paar naheliegende Fragen aufgeworfen haben. Zum Beispiel, wie die Füchse am Mittwoch gegen den VfL Gummersbach (19 Uhr, Max-Schmeling-Halle) ihre Negativserie von wettbewerbsübergreifend fünf Spielen ohne Sieg beenden wollen.

Nach der jüngsten Niederlage gegen den THW Kiel (24:27) gab es diesbezüglich unterschiedliche Deutungen und Lösungsansätze. Manager Bob Hanning schlug auf der Pressekonferenz nach dem Spiel bereits zum zweiten Mal in dieser Saison öffentlichkeitswirksam vor, das Stammpersonal früher und regelmäßiger zu entlasten. „Vielleicht sollten wir uns mal fragen, ob wir den einen oder anderen jungen Spieler mehr einsetzen, damit wir längere Pausen für die etablierten Spieler bekommen“, sagte Hanning. Das war einerseits als erneutes Mantra für die gute Jugendarbeit zu verstehen, auf die sie sich bei den Füchsen zu Recht etwas einbilden.

Andererseits konnte man Hannings Satz auch als Kritik an seinem im Sommer verpflichteten Trainer deuten. Richardsson hat nach einem knappen halben Jahr zwar seine Stammformation gefunden und einige taktische Gesetzmäßigkeiten etabliert, die hochtalentierten Kevin Struck, Fynn-Ole Fritz und Ignacio Plaza Jimenez sind dabei aber kaum bis gar nicht zum Einsatz gekommen. „Ich muss ein Gefühl für die Spieler entwickeln“, sagt Richardsson auf die Debatte angesprochen. „Das braucht Zeit.“

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Füchse im Moment ein wenig an der gesteigerten Erwartungshaltung verzweifeln, die sie zu Saisonbeginn selbst geschürt haben. Bei der Klub-Weltmeisterschaft in Doha setzte sich ihr neuformierter Kader gegen Schwergewichte wie den FC Barcelona oder Veszprem durch und gewann sensationell den Titel, in der Bundesliga folgten drei Siege und ein Remis beim Meisterschaftsfavoriten Flensburg-Handewitt. Seitdem ist es jedoch weniger gut gelaufen – und die Liste fehlender Spieler ist vor dem Duell mit dem VfL Gummersbach noch um einen prominenten Namen länger geworden: Neben den Langzeitverletzten Paul Drux und Mattias Zachrisson droht Kreisläufer und Abwehrspezialist Jesper Nielsen auszufallen. Gut möglich also, dass Richardsson seine Alternativen wieder an den Fingern abzählen muss.

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