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In die Zange genommen. Evgeni Pevnov (Mitte) hatte am Kreis einen ebenso schweren Stand wie seine Teamkollegen auf ihrer jeweilgen Position. Das Kreisläufer-Duo aus Leon wirbelte den Mittelblock der Füchse dagegen gehörig durcheinander.

© dpa

Update

Füchse verlieren 23:34 in Leon: Handballunterricht auf Spanisch

Eine Premiere wird zum Debakel: Zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte stehen die Füchse im Viertelfinale der Champions League und verlieren gegen Ademar Leon deutlich.

Viel fehlte nicht, und Silvio Heinevetter wäre seine Vorderleute in allerbester Oliver-Kahn-Manier angegangen, das verriet schon seine Körpersprache. Furchtbar aufgebracht sprang er auf dem Parkett herum, Fäuste flogen durch die Luft, von den verbalen Flüchen mal ganz abgesehen. Nur: Wen hätte er bitteschön angehen sollen? Es war ja niemand zurückgelaufen in dieser 41. Minute, mal wieder nicht. Heinevetter konnte dem Ball, den ihm Leons Linksaußen Martin Stravonsky aus Nahdistanz um die Ohren feuerte, also nur noch hinterherschauen, ehe er genug hatte. Es war der Treffer zum zwischenzeitlichen 23:12 im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen den Tabellendritten der spanischen Handball-Liga. Es war der Moment, in dem der Keeper, der stets zu den Antreibern in seiner Mannschaft gehört, resignierte. Keine 60 Sekunden später betrachtete Heinevetter das Elend von der Bank aus. Der Nationalkeeper konnte einem fast ein bisschen Leid tun, so wie die gesamte Mannschaft der Füchse.

Im bedeutsamsten Spiel ihrer jungen Vereinsgeschichte erreichte kaum ein Berliner Spieler Normalform, das Kollektiv logischerweise auch nicht. Bei den Spaniern, die von 6000 frenetischen Anhängern angetrieben wurden, klappte dagegen fast alles. So erklärt sich auch die schwere Hypothek von elf Toren, mit der die Mannschaft von Trainer Dagur Sigurdsson nach der gestrigen 23:34 (9:15)-Niederlage am kommenden Sonntag in das Rückspiel gehen wird.

Sigurdsson hatte sich zu Beginn der Partie für eine mutige wie ungewohnte, weil sehr offensive Deckungsvariante entschieden, die ihren Zweck allerdings verfehlte. Schnell lagen die Berliner mit 1:5 zurück (8.). Als der Coach sein Experiment revidierte und auf die übliche 6-0-Variante umstellte, schienen sich die Füchse zu fangen. Beim 6:8 (16.) war sogar die Halle kurzzeitig verstummt. Allerdings offenbarten die Gäste im weiteren Verlauf ungewohnte Lücken im Mittelblock. Zur Verteidigung sollte man aber auch anführen, dass Leon mit Rafael Baena und Dalibor Cutura über zwei international erstklassige Kreisläufer verfügt, die von der Statur so manchem professionellen Wrestler ähneln. Vor allem dank der Treffer dieses gewichtigen Duos und dank der famosen Paraden von Vicente Alamo im Tor von Ademar Leon bauten die Spanier ihren Vorsprung bis zur Pause auf 15:9 aus.

Wie hilflos die Berliner nach dem Wiederanpfiff agierten, lässt sich am Gebrauch der Grünen Karte illustrieren. Für gewöhnlich hebt sich ein Handball-Trainer im Allgemeinen und Dagur Sigurdsson im Speziellen das Team-Timeout für knifflige Situationen am Ende eines Spiels auf. Gestern schritt der Füchse-Coach bereits nach 150 Sekunden in Halbzeit zwei zum Kampfgericht und legte die Karte ab – ein Akt der Verzweiflung. In dieser Zeit hatten die Berliner drei Gegentore kassiert, eine deutliche Niederlage entwickelte sich zu einem Debakel (9:18/33.). Unter dem immensen Lärm in der Halle waren Sigurdssons Worte kaum zu vernehmen, nur ein Satz sickerte durch, besser gesagt: eine Aufforderung, „mehr laufen“ nämlich.

Einzig der Spanier Iker Romero bewies an alter Wirkungsstätte seine internationale Erfahrung. Der Spanier war mit acht Treffern, darunter drei Siebenmeter, bester Werfer auf Seiten der Berliner. Darauf hätte der Rückraumspieler sicherlich gern verzichtet – wenn im Umkehrschluss ein besseres Resultat für sein Team herausgekommen wäre.

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