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Sport: Fünf gegen elf

Deutschlands Fußballerinnen ärgern sich nach dem 1:2 gegen die USA über ihre eigene Angst

Tina Theune-Meyer sah aus, als hätte sie selbst auf dem Platz gestanden. Abgekämpft und müde wirkte sie nach dem 1:2 der deutschen Fußballerinnen gegen die USA im Halbfinale. „Wir haben am Limit gespielt“, sagte die 50-jährige Bundestrainerin erschöpft. „Aber wir hatten eben auch einen starken Gegner. So ist das nun einmal bei Olympischen Spielen.“

In der Tat trat die US-Mannschaft von der ersten Sekunde an so bestimmt auf, dass die eigentlich überwunden geglaubte Angst vor den Amerikanerinnen den deutschen Spielerinnen plötzlich doch wieder in die Köpfe kroch. Neunzig Minuten lang hatten sie sich vorführen lassen, hatten selbst die leichtesten Zuspiele verstolpert und lediglich mit viel Glück nur 0:1 zurückgelegen. Doch auch der unverdiente Ausgleich von Isabell Bachor in der Nachspielzeit bewirkte letztlich nichts. In der Verlängerung erzielte die Amerikanerin Heather O’Reilly das entscheidende 2:1.

Die deutsche Abwehrspielerin Steffi Jones war hernach folglich nicht vom Ausscheiden an sich enttäuscht, sondern eher von dessen Zustandekommen. „Wir hätten am Ende der ersten Halbzeit die ganzen kleinen Haufen auf dem Rasen aufsammeln können, so sehr haben wir uns in die Hosen gemacht“, sagte Jones vor dem Pankritio-Stadion in Heraklion, in dem eine Stunde zuvor ihr Traum von der Goldmedaille zu Ende gegangen war.

Auch Silke Rottenberg stand noch vor der Arena, während ihre Kolleginnen längst im Mannschaftsbus verschwunden waren. Die 32-jährige Torfrau wollte wohl klarstellen, dass sie die Verantwortung für den Gegentreffer zum 0:1 durch Kristine Lilly übernimmt. Doch Steffi Jones wollte sich mit einer solchen Erklärung für die Niederlage nicht zufrieden geben. „Gegen die USA muss man mit 110 Prozent kämpfen“, sagte sie. Den meisten deutschen Spielerinnen sprach sie diesen Einsatzwillen ab. „Mit fünf Mann kann man so ein Spiel halt nicht gewinnen“, erklärte Jones harsch. Die Verteidigerin war über die Leistung ihrer Mannschaftskolleginnen so erbost, dass sie noch gar nicht an das Spiel um die Bronzemedaillen am Donnerstag gegen Schweden denken mochten.

Dabei steht bei der Neuauflage des WM-Finals von 2003 eine weitere schwere Aufgabe bevor. „Wir haben noch etwas zu gewinnen hier“, sagte Silke Rottenberg. Im Vorjahr gewann Deutschland knapp durch das Golden Goal von Nia Künzer zum 2:1.

Die US-Amerikanerinnen wurden damals nur Dritte. Auch deshalb stehen sie nun im Finale: Ihre erfahrenen Stars wie Mia Hamm oder Julie Foudy wollten es nach der WM-Enttäuschung noch einmal wissen und sich mit einem Titel verabschieden. „Was für ein Druck war das, das Team auf dieses Spiel hin zu coachen“, sagte die Trainerin April Heinrichs. Sie dachte an das mit 0:3 verlorene WM-Halbfinale gegen Deutschland im vergangenen Jahr. „Das war das größte Team, das wir jemals hatten“, sagte April Heinrichs und konnte angesichts der erfolgreichen Revanche ihre Tränen kaum noch verbergen. „Aber dieses hier könnte das noch übertreffen.“

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