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Sport: Fünf Stunden im Wasser – und beim Anschlagen gepatzt

Langstreckenschwimmerin Britta Kamrau trifft das Brett im Ziel nicht und wird mit 0,3 Sekunden Rückstand Zweite über 25Kilometer

Für knapp zehn Minuten war Britta Kamrau Weltmeisterin. Die Anzeigetafel in Montreal wies sie eindeutig als Siegerin über 25 Kilometer aus – mit einer Zehntelsekunde Vorsprung vor der Niederländerin Edith van Dijk. Die Nachrichtenagenturen schickten schon die Meldung über den Sieg in die Welt hinaus. Doch die 26Jährige fühlte sich noch nicht als Weltmeisterin. Sie mochte nicht so recht jubeln und zweifelte wohl mehr als die Beobachter an dem angezeigten Ergebnis – zu knapp war die Entscheidung.

„Ich bin mir nicht sicher“, sagte sie zitternd und blickte immer wieder hinüber zu Augusto Corestein. Am Gesichtsausdruck ihres argentinischen Lebensgefährten konnte sie schließlich ablesen, dass das Schiedsgericht die Entscheidung revidiert hatte. „Du bist Zweite“, rief Corestein, und Britta Kamrau hatte Mühe, ihre Tränen zurück zu halten.

Fünfeinhalb Stunden hatten beide Schwimmerinnen auf der Ruderstrecke der Olympischen Spiele von 1976 einen spannenden Zweikampf gezeigt. Auf den letzten 1500 Metern folgte schließlich ein dramatischer Endspurt. Im Ziel war Kamrau ein winziges Stück voraus. Sie war auch als Erste am Anschlagbrett – verfehlte es aber beim ersten Versuch. Erst im Nachfassen schlug sie korrekt am Brett an. Zu spät, wie sich herausstellte. Denn in der kurzen Zeit zwischen beiden Versuchen, hatte van Dijk angeschlagen – und lag damit nach offizieller Wertung drei Zehntelsekunden vor Kamrau. Dritte wurde Laura la Piana aus Italien – fünf Sekunden hinter der Siegerin. Stefanie Biller aus Burghausen belegte Platz sieben.

Zum ersten, falschen Ergebnis war es gekommen, weil der elektronische Chip für die Zeitmessung, den die Schwimmerinnen an der Hand tragen, bei Kamraus erstem Versuch bereits ausgelöst hatte – so nah war sie dem Brett gekommen. Entscheidend aber ist, ob die Sportlerin das Brett tatsächlich berührt hat oder nicht. Und das war erst im zweiten Versuch der Fall – wie die Auswertung der Videobilder schließlich ergab.

„Ich habe es fast geahnt“, sagte Britta Kamrau später, als sie sich wieder gefangen hatte. „Ich habe den Anschlag versaut. Aber man hofft natürlich immer.“ Für die Titelverteidigerin, die sich 2004 in Dubai sogar noch über zwei Goldmedaillen freuen durfte, endeten diese Weltmeisterschaften in Kanada ohne einen ersten Platz. Britta Kamrau fliegt nun mit einer Bronzemedaille über zehn Kilometer und der Silbermedaille über die Marathon-Strecke nach Hause. Sie weiß vermutlich, dass mehr drin gewesen wäre. Dass sie über 25 Kilometer inoffiziell die Schnellste war, ist dabei nur ein schwacher Trost.

Von einem Protest sah sie aber ab. Etwas später konnte Britta Kamrau sogar schon wieder lächeln. „Ich bin nun auch nicht so verbissen, dass ich nur noch gewinnen will. Das ist denn auch zu viel des Guten.“ Sogar für ihre Rivalin van Dijk fand die Schwimmerin noch Lob: „Wir haben beide bis zum Umfallen gekämpft. Ich denke, wir hatten beide den Sieg verdient.“ Gerecht wäre es wohl gewesen. Doch zwei Goldmedaillen – so etwas gehört im Zeitalter des Videobeweises der Vergangenheit an.(mit dpa)

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